Durch den Monat mit Fatima Moumouni (Teil 3): «Warum schreiben Sie nicht über Frauenthemen?»

Nr. 8 –

Die Slampoetin Fatima Moumouni wollte als Kind Hähnchenbraterin werden und träumt heute von einer Welt, in der nicht toleriert, sondern respektiert wird.

Fatima Moumouni: «Mich stört der Veganismus, weil er den Leuten das Gefühl gibt, eine Lösung für alle Probleme gefunden zu haben.»

WOZ: Frau Moumouni, in den letzten beiden Wochen haben wir über Rassismus im Alltag gesprochen. Heute möchte ich über die Zukunft reden. Sie sind ja erst 22 Jahre alt. Was möchten Sie eigentlich mal werden?
Fatima Moumouni: Das weiss ich immer noch nicht. Vielleicht etwas, wo man viel reden kann.

Und was wollten Sie als Kind werden?
Richterin oder Hähnchenbraterin.

Das müssen Sie erklären.
Ich wollte Hähnchenbraterin werden, weil eine Freundin von mir in einer Imbissbude arbeitete. Sie war für mich wie eine Schwester und in jeder Hinsicht ein Vorbild. Sie sagte mir zwar immer, man stinke nach einem Arbeitstag nach Bratfett, aber ich wollte ihr trotzdem nacheifern.

Es heisst immer, die zwischen 1980 und 1995 Geborenen befassten sich nur mit sich selbst. Sehen Sie dies auch bei sich?
Nein, dieses Generation-Y-Gelaber finde ich doof. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir egoistischer sind als andere Generationen. Zudem möchte ich nicht verallgemeinern.

Wie würden Sie die Generation Y in drei Wörtern beschreiben?
Weiss ich nicht. Das wäre es vielleicht schon. «Weiss ich nicht» sind ja auch drei Wörter.

Es überrascht mich, dass Sie so antworten. Ich hatte das Gefühl, dass Sie «unsere» Generation in Ihren Texten recht angreifen. In einem Text kritisieren Sie beispielsweise, dass alle plötzlich vegan essen und «den ganzen Scheiss mit Karma lösen» wollen.
Ich bin nicht gegen Veganismus. Mit dem Text wollte ich einfach sagen: Hey, du rettest die Welt nicht, nur weil du gewisse Dinge nicht isst. Ich habe dieses Motiv gewählt, weil vegan zu leben so ein Hype geworden ist. Hypes sind mir immer suspekt. Darum schreibe ich vom Kampf von Alnatura gegen Aldi, um zu zeigen, dass, solange es nur um Lifestyle geht, alle nur Konsumentinnen und Konsumenten sind – egal wo sie einkaufen. Denn viele Leute, die vegan essen, machen dies nicht aus politischer Überzeugung, sondern aus einem Lifestyle heraus. Mich stört der Veganismus, weil er den Leuten das Gefühl gibt, eine Lösung für alle Probleme gefunden zu haben. 

Aber Sie studieren doch Ethnologie. Und das Stereotyp, das man von diesem Studiengang an der Uni hat, ist doch genau das: Hippies mit Rastalocken, die in der Mittagspause komische Dinge essen und sich dabei moralisch überlegen fühlen.
Ja, eben, darum bin ich ja eine Expertin!

Dann haben Sie also doch eine Meinung zu den jungen Menschen an der Uni und darüber hinaus.
Ich mache mir natürlich Überlegungen zu den Erlebnissen, die ich im Alltag habe, aber wie schon gesagt, ich finde es schwierig, Allgemeines dazu zu sagen. Ich glaube aber, dass sich unsere Zeit dadurch auszeichnet, dass es peinlich und pathetisch ist, wenn jemand die Welt retten möchte.

Von was für einer Welt träumen Sie denn?
Auch wenn das jetzt kitschig tönt: Ich träume von einer friedlichen Welt, in der die Menschen einander nicht tolerieren, sondern respektieren. Ha, siehst du? Peinlich!

Zurück zu Ihren Texten. Sie schreiben über Migrationsthemen, Veganismus, depressive Tage. Warum schreiben Sie nie über sogenannte Frauenthemen?
Was sind Frauenthemen?

Der Druck, dünn zu sein, Schönheitswahn …
Ach, so was finde ich nervig.

Aber auch Sexismus.
Ich habe schon genug andere Minderheiten, die ich abzuarbeiten habe. 

Würden Sie sich als Feministin bezeichnen?
Ja, nur schon weil der Begriff so angefeindet wird und weil es hier, wie auch beim Rassismus, immer heisst, man solle nicht so übertreiben. Frauen dürften ja jetzt arbeiten gehen, die Gleichberechtigung sei erreicht. Ich glaube, uns geht es nicht schlecht, aber bei der Gleichberechtigung ist noch ein gutes Stück Luft nach oben.  

Kennen Sie die Komikerin Carolin Kebekus? Die macht auf der Bühne Sprüche wie: «Ich bin ein Mensch mit Menstruationshintergrund» oder bezeichnet sich in Anlehnung an den Rapper Bushido als «Muschido».
Ich habe von ihr gehört. Ich finde es witzig, wenn Frauen genauso derb sind wie ihre männlichen Gegenstücke in der Branche. Wenn Witze bei einer Frau komisch oder gar befremdlich wirken, die bei einem Mann ganz normal wären, dann schockiert das und zeigt so auch wieder den Sexismus auf.

Was ist für Sie eine starke Frau?
Eine, die macht, worauf sie Lust hat. Wenn eine Frau Bock hat zu rappen, dann soll sie rappen, egal, ob 99 Prozent der Rapper männlich sind. Lauren Hill hat es zum Beispiel vorgemacht, und wir jungen Frauen sollten es ihr gleichtun.

Fatima Moumouni (22) weiss noch nicht, was sie werden will – aber sie weiss, dass es nichts mit Wirtschaft zu tun haben wird, ihrem Nebenfach an der Uni.