NAHRUNGSMITTELVERTEILUNG IN SIMBABWE: Wer ist der Wohltäter?

Nr. 35 –

Viele SimbabwerInnen brauchen Nahrungsmittelhilfe. Hilfswerke organisieren sie - im Clinch mit den Behörden.

Synodia Mahachi, die Leiterin des Distriktbüros von Christian Care von Mutare ganz im Osten von Simbabwe, führt uns in die Gegend von Birchenough Bridge, wo die Erde trocken ist wie Staub und wo dieses Jahr kein Regen gefallen ist. Oder zumindest dann nicht, als er hätte fallen sollen. Nach einem guten Beginn in der Regenzeit setzte der Regen wochenlang aus, und die Maissaat verdorrte. «Daran änderten auch die Regenfluten danach nichts mehr», sagt Synodia Mahachi, während wir an Feldern vorbeifahren, die dieses Jahr eher stoppelbesetzte Halbwüsten sind. Das heisst, es gibt keine Maisernte, und das bedeutet Hunger.

Wenig später kreuzt der Landrover den Schulweg einiger uniformierter Kinder. Sie sind elf oder zwölf Jahre alt. Aber sie sehen aus wie Achtjährige. «Eine Folge jahrelanger Mangelernährung», sagt Synodia Mahachi. Ob sie heute schon zu essen bekommen hätten, ruft sie ihnen zu. «Nein», tönt es zurück. Dabei ist es Juli, und der Hunger beginnt hier normalerweise erst im Oktober.

Dieses Jahr hat sich die Krise verschärft, weil alle Preise unlängst um das Doppelte angestiegen sind, also auch für Brot und Zucker, weil das Benzin fehlt und weil, wie wenn das noch nötig gewesen wäre, im Zuge der Aktion «Ordnung schaffen» der Regierung von Robert Mugabe sämtliche Hüttenprovisorien und offenen Märkte in den Vorstädten platt gewalzt und die Menschen auf das Land zurückgeschickt wurden. Zum Beispiel nach Birchenough Bridge, wo es gar nichts gibt. Ohne Transportmöglichkeiten finden zudem die Waren den Weg nicht zu den - sowieso «illegalen» - Märkten.

«Wenigstens haben diese Kinder Zugang zu sauberem Wasser», sagt Synodia Mahachi auf dem Weiterweg und deutet auf einen Ziehbrunnen am Wegrand. 85 solcher Bohrlöcher hat das ökumenische Hilfswerk Christian Care, das auch vom Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz (Heks) unterstützt wird, bereits in den Boden drillen lassen, bis zu sechzig Meter tief. «Damit ist ein Drittel der Bedürftigen in der Region versorgt. Dazu kommen rund dreissig bewässerte Gemeinschaftsgärten. Sie sorgen nicht nur für eine kleine Abwechslung auf dem Speisezettel, sondern sie fördern das, was unter den Menschen so dringend nötig ist: Gemeinschaftssinn, um die unmenschlichen Herausforderungen des Alltags zu bewältigen.»

Das ist aber überhaupt nicht im Sinne der herrschenden lokalen PolitikerInnen. «Seht diese Menschen dort», sagt Mahachi, «der Dorfchef hat sie unter dem Vorwand zusammengetrommelt, sie würden von Christian Care für die Nahrungsmittelverteilung registriert werden. Wir sind die Einzigen, die davon nichts wissen.» Sie lacht. «Er will eben der Wohltäter sein und bestimmen, wer Hilfe bekommt und wer nicht.»

Wie können in dieser Situation alle Bedürftigen versorgt werden - und nicht nur die Anhängerinnen und Anhänger der Regierungspartei Zanu PF? Synodia Mahachi und ihr Team - während eines Verteilprogramms sind das bis zu fünfzig sorgfältig geschulte Leute - haben sich eine Strategie zurechtgelegt, die bis anhin bestens funktioniert hat. «Zuerst versuchen wir, bei den Distriktbehörden Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir bieten ihnen an, sie als Verantwortliche mit einzubeziehen, wenn sie unsere Neutralität anerkennen», sagt Synodia Mahachi. «Dann binden wir sie in ein Komitee ein, das über den Verteilprozess wacht. Wenn ein Lokalfürst die Hilfslieferungen missbrauchen will, ist es wichtig, sofort präsent zu sein und ihm damit zu zeigen, dass man ihn und seine Autorität achtet. Wenn das nicht hilft, werden seine Chefs in der Kommission ihren Einfluss geltend machen.» Ohne Kompromisse geht das nicht. Um eine Gefälligkeit hier oder einen Deal dort kommen auch die Leute von Christian Care nicht herum. «Trotzdem - bei uns bekommen alle etwas», sagt Synodia Mahachi, «obwohl das ein knochenharter Job ist.»

Was das genau bedeutet, zeigt der Verteiltermin bei einem Gesundheits-posten: Einzeln werden die Namen der Leute heruntergelesen, die in den Genuss eines Hilfspaketes kommen. Zuerst kommen die Haushalte, in denen Aidswaisen betreut werden. Anna Tavaia (50) mit Amson (5) und Muchanda (4), Angela Dharu (60) und Paul Kwashira (71) mit Patrick (13), Sharai (8), Tracy (4) und Itai (3), Fidson (17) und Daniel (13) - sie alle bekommen von Schwester Rubaya 10 Kilo Maismehl, 2 Kilo Bohnen, 2 Kilo Milchpulver, 500 Gramm Seife und eine Wolldecke. Etwas abseits sitzen zwei Männer. Beiläufig steckt Rubaya dem einen eine Seife, dem andern eine Ration Bohnen zu. Zufrieden ziehen sie ab. Es sind die Chefs, sie haben ihren Tribut erhalten. Mehr nicht. ◊