Simbabwe: «Er wird sein Amt für das Krokodil räumen»
China mischt mächtig mit, wenn es um die Nachfolge des simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe geht – finanziell und politisch.
Schon lange wird über die Ära nach Robert Mugabe spekuliert: Der 91-jährige simbabwische Präsident hat Augenprobleme und Kehlkopfkrebs. In Kürze wird er nicht mehr fähig sein, das Land zu regieren. Nun gibt es Anzeichen dafür, dass sich das chinesische Regime direkt in die Nachfolge Mugabes einmischt. Zu diesem Schluss kommen OppositionspolitikerInnen nicht von ungefähr: China hat massiv in Simbabwe investiert. Mehrere Milliarden US-Dollar sind in Minen, Landwirtschaft, Telekommunikation und Waffenindustrie geflossen. Um die chinesischen Unternehmensinteressen zu sichern, soll Vizepräsident und Verteidigungsminister Emmerson Dambudzo Mnangagwa die Macht übernehmen.
Mnangagwa hat langjährige Verbindungen zu Beijing: 1964 erhielt er in China eine technische und militärische Ausbildung. Das kam ihm zugute, als er in den achtziger Jahren Simbabwes gefürchteten Geheimdienst leitete. In den fünfzig Jahren seiner politischen Karriere hat der heute 69-Jährige immer wieder mit den VertreterInnen des asiatischen Giganten zusammengearbeitet. Als Politiker gilt er als noch brutaler als Mugabe.
Machterhalt gesichert
Emmerson Mnangagwa hat kürzlich entschieden, die Marange-Diamantenfelder im Osten des Landes von staatlichen Sicherheitskräften bewachen zu lassen. Die NGO Global Witness hat die grösste Firma, die in Marange eine Bergbaukonzession hat, unter die Lupe genommen. Anjin ist ein Joint Venture zwischen einer chinesischen und einer simbabwischen Baufirma. Allein die Namen der simbabwischen Vorstandsmitglieder von Anjin lesen sich wie die Lohnliste der Sicherheitskräfte. Die Armee hat also ein starkes Eigeninteresse, die wertvollste Mine des Landes zu schützen. «So hat sich die Regierungspartei ihre finanziellen Ressourcen zum Machterhalt gesichert», folgert der private US-Informationsdienst Stratfor, der mit geopolitischen Analysen sein Geld verdient. «Zugleich hat sich der Anwärter aufs Präsidentenamt mächtige Freunde gemacht.»
Im Juni 2015 reiste Mnangagwa zu einem Staatsbesuch nach Bejing. Oppositionspolitiker Alex Magaisa vom Movement for Democratic Change (MCD-T) sagte: «Mugabe stattete China im August 2014 einen Staatsbesuch ab. Offenbar wollte er seinen Erben ins politische Establishment Chinas einführen.» Magaisa war Berater des MDC-T-Vorsitzenden Morgan Tsvangirai während der Regierungskoalition von 2009 bis 2013. Für ihn ist die Reise ein Indikator dafür, dass China «sehr wahrscheinlich auf Mnangagwa als nächsten Präsidenten Simbabwes setzt».
Südafrikanische Medien berichten derweil, dass China in Simbabwe Land nutzen will, um Nahrungsmittel für die eigene Bevölkerung zu produzieren. Dies, obschon das afrikanische Land fast jedes Jahr bis zu zwei Millionen Tonnen Mais importieren muss (siehe WOZ Nr. 41/2015 ). Dass China Mnangagwa mehr als nur ideell unterstützt, vermuten viele Menschen im Land: Bei offiziellen Umfragen äussern sich über dreissig Prozent der SimbabwerInnen skeptisch zur steigenden Macht Chinas in ihrem Land.
Das «Krokodil» schnappt plötzlich zu
Führende Politiker der regierenden Partei Zanu-PF, die namentlich nicht erwähnt werden wollen, berichten gegenüber der WOZ, dass China sogar Mnangagwas Präsidentschaftswahlkampagne finanziere. Mugabe habe der chinesischen Regierung versprochen, nach Ablauf seiner Amtszeit als Vorsitzender der Afrikanischen Union (AU) im nächsten Jahr auch die nationale politische Bühne zu verlassen. Sein Gesundheitszustand dürfte ihn in dieser Absicht bestärken. Die kostspieligen medizinischen Behandlungen in Singapur und Malaysia lässt sich das Präsidentenpaar – auch Grace Mugabe ist an Krebs erkrankt – übrigens von den simbabwischen SteuerzahlerInnen finanzieren.
Auch der prominente MDC-T-Jurist Eddie Cross prognostizierte kürzlich in einem Fernsehinterview, Mnangagwa werde Simbabwes nächster Präsident. Mit der Absetzung der Vizepräsidentin Joice Mujuru habe das Land bereits 2014 einen unblutigen Coup durchlaufen. «Mnangagwa wollte an die Macht und mobbte seine Kontrahentin, bis sie aufgeben musste. Wir nennen ihn das ‹Krokodil›. Zwischenzeitlich tauchte er ab. Als Mujuru das Krokodil kommen sah, war es zu spät.» Mugabe entliess sie im Dezember 2014 zusammen mit acht anderen Ministern. Der Präsident hatte behauptet, Mujuru wolle ihn aus dem Amt drängen.
Neben der Unterstützung Chinas kann Mnangagwa auf das Militär bauen. Schon 2012 verkündete General Douglas Nyikayaramba, Mugabe werde den Thron für Mnangagwa verlassen: «Mugabe wird sein Amt für das Krokodil räumen.»
Aus dem Englischen von Corina Fistarol.
Itai Mushekwe ist ein regimekritischer Journalist aus Simbabwe. Seit sein Name 2007 auf einer schwarzen Liste der Regierung aufgetaucht ist, lebt er in Deutschland im Exil.