Kurt Trolliert: Ganz im Dienste des Staates

Nr. 43 –

Der Berner Staatsschützer wurde letzten Samstag mit dem Big Brother Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Das hat er verdient. Darüber reden möchte er nicht.


«Keine Macht der Stasi - Trolliet casse-toi!» Wem solch ein Transparent gilt, der muss auch damit rechnen, von der Jury der Big Brother Awards für sein Lebenswerk ausgezeichnet zu werden. Mit dem Transparent kritisierten GC-Fans 2005 die undurchsichtige Rolle des Berner Staatsschutzbeamten im Umfeld der Young Boys. Von seinem Nebenjob als Sicherheitschef des Wankdorfstadions war er aufgrund politischen Drucks damals zwar schon zurückgetreten, die Spiele des BSC YB besuchte er allerdings auch nachher nicht in erster Linie aus Interesse am Fussball, sondern als «Hooliganexperte». Der Datenaustausch zwischen Polizei und Fussballverein dürfte aber auch ohne diese Doppelfunktion gut funktionieren.

Kurt Trolliet arbeitet schon seit 1996 für den Staatsschutz der Stadtpolizei Bern. Wer in Bern an einer Kundgebung teilnimmt, hat grosse Chancen, sein Gesicht am Strassenrand zu entdecken - und auch selber von ihm registriert zu werden. Manchmal wagt sich der «Szenekenner» gar ins Grüne: BewohnerInnen der inzwischen geräumten «Kulturoase Paradisli» erinnern sich, ihn eines Tages frühmorgens beim Flanieren in ihrem Gemüsegarten erblickt zu haben.

Im Sommer 2007 wurde es ernst für Trolliet. Sein Vorgesetzter Fritz Schlüchter, ein erfahrener und immer in Gentleman-Manier auftretender Polizist mit einem Faible für Sonnenbrillen und gut sitzende Anzüge, liess sich pensionieren. Für Trolliet bedeutete dies eine Beförderung, mehr Verantwortung und - wegen anfallender Büroarbeit - weniger Strassenpräsenz.

Als es dann zum ersten Mal ernst galt mit der Verantwortung, kam es zum Fiasko. Im Vorfeld des geplanten SVP-Marsches durch Bern vom 6. Oktober 2007 schätzten er und seine Untergebenen die Lage komplett falsch ein. GegendemonstrantInnen konnten den Umzug der Rechten verhindern. In der Folge gab es viel öffentliche Kritik an der Polizei. Und korpsintern dürfte es viel Kritik an der Lageeinschätzung von Trolliet & Co. gegeben haben.

Da galt es natürlich etwas für den Ruf zu tun: Am 19. Januar - Trolliet war inzwischen wie die gesamte Stadtpolizei in der neuen kantonalen Einheitspolizei aufgegangen - bot sich dazu eine Gelegenheit. Im Vorfeld der für diesen Tag angekündigten Anti-Wef-Kundgebung postierte er sich persönlich vor der Berner Redaktion der WOZ und liess einen Journalisten der WOZ, einen Journalisten des «Courrier» sowie eine weitere Person präventiv festnehmen. Es sollten dies 3 von insgesamt 247 präventiven Festnahmen an diesem Tag sein.

Diese Verhaftung und die daraufhin bekannt gewordene Fichierung des WOZ-Mitarbeiters wurden denn auch anlässlich der Verleihung des Lebenswerkawards am letzten Samstag in der Berner Reitschule besonders hervorgehoben.

Mit Rückendeckung

Trolliets «Lebenswerk» ist mit der Auszeichnung aber keineswegs abgeschlossen. Als Staatsschützer nimmt er vor Kundgebungen weiterhin an Besprechungen in der Stadt Bern teil. Seine Einschätzung des «Gefahrenpotenzials» einer politischen Veranstaltung hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Behörden mit Demos verfahren. Dass er seit der Kantonalisierung der Polizei viel politische Rückendeckung geniesst, machte FDP-Polizeivorsteher Hans-Jürg Käser klar, als er kürzlich vor dem bürgerlichen Lobbyverband Entente Bernoise das polizeiliche Vorgehen im Rahmen der Anti-Wef-Kundgebung als Modell für die Zukunft lobte: «Und falls sich nachträglich auf juristischem Weg herausstellen sollte, dass dabei teilweise unverhältnismässig gehandelt wurde», könne er «gut damit leben».

Trolliet selber meidet übrigens weiterhin die mediale Öffentlichkeit: Zu sämtlichen Fragen im Zusammenhang mit seiner Auszeichnung verweigert er eine Stellungnahme.