Genf: Wer will wie gegen das Wef?
Eine geplante Anti-Wef-Demo sorgt bereits jetzt für Aufregung.
Die Internetaufrufe einiger Gruppen aus dem autonomen und libertären Umfeld, Genf am 31. Januar in ein «neues Athen» zu verwandeln, erhitzen die Gemüter. Die Bevölkerung steht noch unter dem Eindruck der aus dem Ruder gelaufenen Demonstrationen gegen den G8-Gipfel im Sommer 2003, und bereits fordern bürgerliche Parteien und Ladenbesitzer ein Verbot der Demonstration.
Die kantonale Regierung hat die Veranstaltung noch nicht bewilligt, aber Kontakte für eine mögliche Verstärkung der Polizei auf interkantonaler und Bundesebene geknüpft. Dies auch, weil die Polizei mit einem «Minimaldienst» während der Demo gedroht hatte, um die Bezahlung von aufgelaufenen Überstunden durchzusetzen. Die Polizeigewerkschaften führen seit Monaten einen Bussenstreik durch, um die linke Regierung unter Druck zu setzen, erst gestern erklärten sie sich mit einer «historischen Geste» bereit, wenigstens während der Demonstration ihren Dienst zu tun – es handle sich schliesslich um «ein Ereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit von Ausschreitungen».
Mit revolutionärem Block?
Trotz dieser «historischen Geste» der Hüter von Ruhe und Ordnung ist die Stimmung ungemütlich. Denn Solidarités, eine der wichtigen Linksparteien Genfs, hat sich mit einer scharfen Kritik an den OrganisatorInnen von der Demo distanziert. Der Entscheid sei einseitig von ausserkantonalen Organisationen und gegen den Willen der Mehrheit der lokalen AktivistInnen getroffen worden. Auch sei der Appell, der zur Bekämpfung des Kapitalismus aufrufe, viel zu eng formuliert und erlaube keine breite Mobilisierung. Solidarités zeigt sich beunruhigt über die Bildung eines «revolutionären Blocks» im Umfeld der OrganisatorInnen, dessen Aufrufe im Internet am Willen, den friedlichen Charakter der Demonstration zu respektieren, zweifeln liessen.
Das Forum social lémanique (FSL), das bei der Organisation des Protests gegen den G8-Gipfel federführend war, steht grundsätzlich «jedem Demo-Aufruf gegen das Wef positiv gegenüber», so Olivier de Marcellus – man werde den Aufruf auch mitverbreiten. Das FSL habe sich aber nicht an der Organisation beteiligt: «Wir finden es einen Fehler, eine solche Demo in Genf zu organisieren, jener Stadt in der Schweiz, die am weitesten weg vom Wef liegt.»
Attac ist dabei
Unterdessen hofft Florence Proton, Generalsekretärin von Attac Schweiz, auf eine Beruhigung der Gemüter in den nächsten Tagen. Attac Schweiz steht hinter der Demo, allerdings, so Proton, sei gesamtschweizerisch noch kein definitiver Entscheid gefallen. Sie ist überzeugt, dass einige Gruppierungen die Demonstration scheuten, weil 2009 ein Wahljahr sei. Sie findet die ganze Sache «ein wenig schade, weil man nun über die Auseinandersetzung unter Linken statt über die Anliegen der Demonstration diskutiert».
Zum Glück haben die beiden grossen Genfer Gewerkschaften, die Unia und die interprofessionelle SIT, positiv auf eine Initiative der Gewerkschaft Comedia reagiert und ihre Unterstützung zugesagt, auch wenn sich SIT-Sekretär Hervé Pichelin überrascht zeigt, bis zur Stunde von den OrganisatorInnen nicht offiziell kontaktiert worden zu sein, was in seiner Gewerkschaft zu ziemlich viel Wirbel gesorgt habe. Unia-Sekretär Alessandro Pelizzari ist froh über den Entscheid der Gewerkschaften, der dazu beitragen werde, «die Stimmung zu beruhigen und die Demo aus ihrer Marginalität herauszuholen».