Kommentar: Occupy Villa Vasella
Vergangenes Wochenende haben zum zweiten Mal innert Wochenfrist rund tausend Menschen auf dem Paradeplatz in Zürich gegen die Macht der Banken protestiert. Seit zehn Tagen campiert ein harter Kern von fünfzig bis hundert Personen auf dem Lindenhof in unmittelbarer Nähe zum Paradeplatz. Und die Zahl der BesetzerInnen steigt – mittlerweile stehen knapp fünfzig Zelte im Protestcamp.
Während die Occupy-Bewegung («Wir sind 99 Prozent») nächsten Samstag erneut den Paradeplatz besetzen will, hat ein Vertreter des einen Prozents einen ganz anderen Plan: Joe Jimenez, Chef des Basler Pharmakonzerns Novartis, kündigte am Dienstag an, weltweit 2000 Stellen abzubauen – 1100 Arbeitsplätze gehen allein in der Schweiz verloren. Bereits vor einem Jahr entliess Novartis in den Vereinigten Staaten 1400 Angestellte, im Frühling wurden 500 Stellen in Britannien gestrichen. Als Begründung führte Jimenez an, dass die Medikamentenpreise in jüngster Vergangenheit gesunken seien. Geschätzte Mindereinnahmen: Rund 120 Millionen Franken.
In den ersten drei Quartalen dieses Jahres hat der Pharmakonzern über vierzig Milliarden Franken umgesetzt und einen Gewinn von rund zehn Milliarden Franken verbucht. Daniel Vasella, der seinen Job als Firmenchef an Jimenez abgegeben hat, allerdings weiter Verwaltunsratspräsident ist, hat im letzten Jahr 22 Millionen Franken kassiert.
Die Juso ruft deshalb dazu auf, am kommenden Samstag nach Risch im Kanton Zug zu fahren, um dort vor Vasellas Villa gegen den Arbeitsplatzabbau zu demonstrieren. Ähnlich wie in New York sollen also nicht mehr nur symbolisch Plätze besetzt, sondern globale Anliegen mit lokalen Aktionen verbunden werden.
Für die Bewegung ist das eine Chance. Allzu oft wird ihr vorgeworfen, dass sie keine konkreten Forderungen habe. Den Protest vor die Villa Vasella zu tragen, ermöglicht es, nicht nur allgemeine Geld- und Systemkritik zu üben, sondern konkret darüber zu reden, was 99 Prozent der Menschen bewegt: Löhne und Arbeitsplätze.