Whistleblower-Prozess: Bricht die Bank Bär jetzt das Bankgeheimnis?
Rudolf Elmer kann aufatmen. Vergangenen Donnerstag hat das Obergericht des Kantons Zürich im Berufungsverfahren gegen den ehemaligen Bankmanager der Bank Julius Bär entschieden. Erstmals äussert sich Elmer nun dazu: «Jetzt sind die Fragen zu klären, die längst hätten geklärt sein müssen.» Dem Whistleblower wird vorgeworfen, dass er seine ehemalige Arbeitgeberin Julius Bär bedroht und das Bankgeheimnis gebrochen habe, indem er verschiedenen Behörden und der inzwischen eingegangenen Zeitung «Cash» eine CD mit Bankdaten übergeben habe. Oberrichter Peter Marti erklärte letzte Woche, das Gericht könne kein Urteil fällen, da nicht klar sei, was für Daten überhaupt auf der CD waren. Rudolf Elmer hatte zum fraglichen Zeitpunkt auf den Cayman Islands gearbeitet und Zugriff auf dortige Bankdaten. Der Fall geht zurück an die Staatsanwaltschaft, die diese Frage klären soll.
Sieben Jahre lang ermittelten und urteilten die Zürcher Behörden im Fall Julius Bär versus Rudolf Elmer – ohne jemals auf die Kleinigkeit einzugehen, dass gar nicht bekannt ist, was für Daten Elmer geliefert haben soll. Ihren Höhepunkt fand diese kafkaesk anmutende Justizgeschichte im Januar dieses Jahres: Der Bezirksrichter Sebastian Aeppli verurteilte damals Rudolf Elmer erstinstanzlich unter anderem wegen Verletzung des Bankgeheimnisses – und weitete damit die Gültigkeit des Schweizer Bankgeheimnisses bis auf die Cayman Islands aus. Elmer sagt: «Die Verurteilung des Bezirksgerichts im Januar war äusserst fragwürdig und damit auch meine erneute Verhaftung unmittelbar danach, die ja unter anderem auf diesem Urteil gründete.»
Aus einem Schreiben, das der WOZ vorliegt, wird klar, dass Elmers Anwältin bereits im Oktober 2005 die Staatsanwaltschaft darauf hinwies, eine Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses könne gar nicht vorliegen, da es sich laut Anklage um Cayman-Bankdaten handle. Solche Daten fallen nicht unter das Schweizer Bankgeheimnis.
Die Staatsanwaltschaft muss nun also die Daten der Bank Bär prüfen und steckt damit in einer schwierigen Situation: Die Bank weigerte sich bis anhin, die Daten verfügbar zu machen. Sie könnte das nur, wenn sie just das täte, was Rudolf Elmer vorgeworfen wird – indem sie das Bankgeheimnis bricht. Carlos Hanimann