Ausserdem: Die besseren Schlagzeilen

Nr. 49 –

«Muslim-Mädchen schneiden in Sporttest am schlechtesten ab», überschrieb der «Tages-Anzeiger» vergangene Woche einen gross aufgemachten Artikel. Eine Grafik veranschaulichte Resultate einer Studie mit Winterthurer Schulkindern: Muslimische Kinder seien unterdurchschnittlich, protestantische und konfessionslose überdurchschnittlich sportlich. «Blick am Abend» kupferte ab und titelte: «Muslim-Meitli sind Sportmuffel». Winterthurs Schulvorsteher Stefan Fritschi (FDP) kommentierte, Mädchen «aus praktizierenden islamischen Familien» seien eben «oft zurückhaltender, wenn es um körperbetonte Sportarten geht». Dass unter den muslimischen Kindern Mädchen schlechter abschnitten als Buben, wertet er als Zeichen für «mangelnde Emanzipation in diesen Kulturen».

Unfug. Dass Religion einen Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit von Kindern habe, gibt die Studie nicht her. «Ich vermute, die Resultate lassen sich vor allem durch soziale Unterschiede erklären», sagt Andreas Krebs von der ETH Zürich, der die Studie leitete. Mehr als vermuten kann er nicht, weil die soziale Schichtzugehörigkeit der Kinder nicht erhoben wurde – während die Informationen zur Konfession zur Verfügung standen. Die Korrelation zwischen Religion und Sportlichkeit könnte sich daraus ergeben, dass muslimische Kinder einfach häufiger sozialen Unter- als Oberschichten angehören. Nicht einmal, dass muslimische Mädchen schlechter abschnitten als Knaben, müsse zwingend etwas heissen, sagt Krebs: «Obwohl unsere Resultate deutlich sind, sind auch hier sicher weitere und umfassendere Studien sinnvoll.»

Nun hat der «Tages-Anzeiger» nichts geschrieben, was faktisch falsch wäre. Und was Krebs gegenüber der WOZ sagt, stand ebenfalls im Artikel des «Tages-Anzeigers»: in 2 von 43 Sätzen. Was sagt diese Satzstatistik aus? Dass man eine falsche Botschaft vermitteln kann, auch ohne im engen Sinn Falsches zu schreiben. Und dass faule MuslimInnen die besseren Schlagzeilen abgeben als soziale Benachteiligung.