Porträt: «Es gibt nur zwei Rassen auf der Welt»
Alle Linken sind verkappte AnarchistInnen, Frauen gehören an den Herd, und das Ozonloch ist eine hysterische Erfindung der Grünen: Willkommen in der Welt des Berner Rockers und Harley-Fahrers Jimy Hofer, der soeben seine politische Karriere beendet hat.
Da sitzt er, im Restaurant Mühlirad im Berner Mattequartier, und wirft sich gar nichts vor. Jimy Hofer, in Trainerhosen und im Ledergilet des Motorradklubs Broncos, 56 Jahre alt, Rockmusiker und Harley-Fahrer, Barbetreiber und bis vor ein paar Tagen Stadtrat im Berner Parlament. Im Herbst noch kandidierte er für den Nationalrat, letzte Woche erklärte er plötzlich seinen Rückzug aus der Politik. Er hatte über die Festtage Buchhaltung geführt, und da habe er gemerkt, dass er sich «das teure Hobby Politik» nicht mehr leisten könne. «Es liegt nicht mehr drin.» Und weil er «keine halben Sachen» mache, sei er zurückgetreten.
Wenn Jimy Hofer seine Demission begründet, tönt es, als sei er noch im Amt. Als selbstständig Erwerbender komme man im linken Bern vor lauter Schikanen kaum über die Runden, sagt er. Hofer lebt von Auftritten mit seiner Jimy Hofer Band, von Referaten und von den Einkünften des Clublokals, der «Broncos-Loge». Seit das Rauchverbot in Kraft sei, mache er mit der Bar vierzig Prozent weniger Umsatz. Und er wolle auch noch etwas Zeit mit seinen beiden Töchtern verbringen. Dass seine Frau arbeiten ginge, ist für ihn keine Option. «Da bin ich dagegen. Sie muss mir den Rücken freihalten.» Die Familie sei ihm das Wichtigste, sagt er – neben seinen Brüdern von den Broncos natürlich, dem Klub, dem Frauen nicht beitreten dürfen, «weil es echte Freundschaft nur unter Männern gibt», wie Hofer sagt.
Mit dem Tram in den Sozialismus
«Wählt keine Politiker. Wählt das Original.» Mit diesem Wahlspruch trat Hofer vor gut drei Jahren an, weil er es nicht mehr habe verantworten können «zuzuschauen, wie alles den Bach heruntergeht», wie er damals sagte. Er kandidierte gleich als Stadtpräsident, wurde dann immerhin ins Parlament gewählt. Jimy Hofer hatte nie ein wirkliches politisches Programm, und das ist ihm wichtig. Denn das unterscheide ihn von den PolitikerInnen. «Die Politiker», das sind für Jimy Hofer die von einer Ideologie Vereinnahmten, er aber habe stets sachbezogen politisiert, lediglich seinem Gewissen verpflichtet. Jimy Hofer gefällt sich in der Rolle des Antipoden zu den PolitikerInnen mit «ihren versteckten Agenden». Wenn er über öffentlichen Verkehr spricht und die AutofahrerInnen, die «immer noch ein bisschen mehr geschröpft» würden, dann ist das für ihn nicht einfach eine Verkehrsfrage; die Förderung von Trams sei ein Schritt auf dem Weg zum Sozialismus, sagt er. «Der Staat schreibt vor: Du darfst dann dort durchfahren und so viel Strom brauchen.» Und er, Jimy Hofer, sieht sich als denjenigen, der die Fahne der motorisierten IndividualistInnen hochhält. Jener, der sich wehrt gegen die Linken, die «verkappten Anarchisten», die nur ein Ziel verfolgten: die Destabilisierung des Systems. Gegen die Grünen «mit ihren hysterischen Erfindungen, dem Ozonloch oder dem Waldsterben».
Der Strassenkämpfer
Wichtiger, als zu wissen, was man wolle, sei zu wissen, was man nicht wolle, sagt Hofer. Nach dieser Devise hat er politisiert. Danach gefragt, was er im Parlament bewirkt habe, fällt ihm erst mal nichts ein. «Meine unmittelbaren Wirkungen sind überschaubar», sagt er. Seine Rolle im Stadtrat sei es halt eher gewesen, den Finger auf wunde Punkte zu legen, die «scheinheilige Doppelmoral der linken Regierung» aufzudecken. Dass ein Zahnarzt einen Riesenaufwand betreiben müsse, um einen zusätzlichen Kundenparkplatz anzumelden, während die Stadtnomaden ihre Wohnwagen hinstellten, wo es ihnen gerade passe. Dass die Gemeinde AlkoholikerInnen ein Alkistübli anbiete und Junkies ein Fixerstübli, während sich die RaucherInnen draussen eine Lungenentzündung holten. Mit den «linken Chaoten», die sich immer wieder Sonderrechte herausnähmen, legte sich Hofer gleich selbst an. Er stellte sich vergangenen Herbst einer Demonstration gegen den Kapitalismus in den Weg, bekam Pfefferspray in die Augen und kündigte dann im Parlament an, er werde persönlich dafür sorgen, dass solches «extremistisches Demopack» nicht mehr durch die Strassen ziehe.
Unermüdlich polterte Jimy Hofer in den drei Jahren im Stadtrat gegen «die Linken» und «die Grünen», er war Teil der SVP-Fraktion, ging für die Nationalratswahlen eine Listenverbindung mit den Schweizer Demokraten ein. Aber ein Rechter sei er sicher nicht, sagt er, «äuä». Wenn es etwa darum gehe, alleinerziehende Mütter zu unterstützen, dann sei er «sozialer als jeder Sozialdemokrat». Aber ganz sicher sei er «kein Fan von Multikulti». AusländerInnen kämen schliesslich in die Schweiz, «weil sie unsere Werte schätzen», und wenn wir keine Sorge für diese Werte trügen, dann sei es «hier bald wie dort, wo sie herkommen». Aber wenn er etwas gelernt habe in seinem Leben, dann das: «Es gibt nur zwei Rassen auf der Welt. Arschlöcher und Nichtarschlöcher.»