En passant: «Ausländer, los gehts!»

Nr. 25 –

«Die Verwaltung der Ausländer verstärken – weitere Schläge gegen die Drei-Nicht und anderes ungesetzliches Verhalten führen» steht auf dem grossen roten Banner am Zaun einer Wohnanlage im Osten Beijings. Die «Drei-Nicht» sind ungesetzliche Einreise, Überziehen des Visums, Arbeitsaufnahme ohne Genehmigung. Bekannte, denen ich ein Foto vom Drei-Nicht-Banner schickte, waren schockiert. Einer, der früher jahrelang in China gelebt hat, schrieb zurück: «Diese schleichende Zunahme von Fremdenfeindlichkeit ist ja schon lange spürbar. Das kann noch richtig unangenehm werden. Wirkt sich das auch im Alltag aus?»

Nein, tut es nicht. Im Gegenteil. Nehmen wir den Lanzhou-Marathon. Die ZuschauerInnen am Anfang der Strecke waren alle viel zu sehr mit Fotografieren beschäftigt, als dass sie uns unter den einheimischen LäuferInnen hätten beachten können. Doch das änderte sich nach der Brücke über den Gelben Fluss. Dorthin hat die Lanzhouer Regierung mehrere Universitäten ausgelagert, um deren altes Gelände im Zentrum gewinnbringend «entwickeln» zu können. Vor allem Studentinnen machten hier für die AusländerInnen ein Geschrei, dass es einem in den Ohren dröhnte.

Ansonsten aber waren die ChinesInnen so herzlich, dass es fast schon peinlich war. Etwa wenn alle einem ein «Laowai, jia you!» (Ausländer, los gehts!) oder auf Englisch «Come on, come on, run!» zuriefen, die einheimischen LäuferInnen aber kaum anfeuerten. Auch die HelferInnen waren uns gegenüber extrem hilfsbereit. Kaum hatte man die Ziellinie überquert, holte ein «Ehrenamtlicher» den Sportbeutel, trug das Handtuch, kümmerte sich um das Ausdrucken der Urkunde und bot an, den Zeitmess-chip vom Schuh abzuschnüren und danach die Schnürsenkel wieder zuzubinden.

Wie kann es sein, dass in einem so gastfreundlichen Land die Polizei aus fies dreinblickenden Mistkerlen besteht, die sofort schubsen oder zerren, wenn sich jemand ihren Absperrungen nähert? Und die auch einem Ausländer, der wegen einer Jacke über der Startnummer nicht sofort als Läufer zu erkennen ist, auf dem Weg zum Start in die Rippen boxen? Nun ja, genau genommen sind es auch die, die das Banner in Beijing aufgehängt haben.

Wolf Kantelhardt 
schreibt für die WOZ aus Beijing.