Fernuniversität Hagen: Wenn das eigene Wohnzimmer zum Hörsaal wird

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Die grösste Universität im deutschsprachigen Raum funktioniert über eine virtuelle Plattform im Internet. Mit den besonderen Lern- und Prüfungsformen, die das mit sich bringt, tun sich manche allerdings schwer.

Die Fernuniversität im deutschen Hagen existiert seit 1975. Sie ist mit derzeit über 80 000 eingeschriebenen StudentInnen zur grössten Universität im deutschsprachigen Raum angewachsen. Unter ihnen sind auch Studierende aus der Schweiz, die teilweise von den Studienzentren in Brig und Pfäffikon SZ betreut werden. Die Schweizer Studienzentren bieten auch eigene Studiengänge in Wirtschaft, Recht und Psychologie an. Allerdings braucht es als Voraussetzung dafür eine Matura. Wer an der Fernuni Hagen studieren will, braucht diese nicht, es genügt ein staatlich anerkannter Lehrabschluss und das Bestehen einer Eintrittsprüfung.

Als PDF oder mit der Post

Studieren an der Fernuni ist kein Zuckerschlecken. «Achtzig Prozent der Studenten sind berufstätig», so Pressesprecherin Susanne Bossemeyer. Im ersten Studienjahr entscheide sich in der Regel, ob man mit der Doppelbelastung klarkomme – fast jedeR Zweite in Hagen Eingeschriebene bricht das Studium in diesem Zeitraum ab.

Für die Fernuniversität Hagen ist die analoge Paketpost immer noch ein zentraler Vermittlungskanal: Von ihrem Logistikzentrum aus verschickt sie vor jedem Semester Zehntausende meist individuell zusammengestellte Pakete in über hundert Länder – kiloweise Bücher und Broschüren, die sogenannten Studienbriefe. Das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern, so Susanne Bossemeyer: «Die Studierenden haben in einer Befragung klar signalisiert, dass sie die Dokumente weiterhin zugeschickt bekommen möchten.»

Die meisten der Lernmaterialien sind jedoch auch passwortgeschützt als PDF-Dokument auf dem Server der Universität zu finden. Sie könnten also auch direkt am Computer, iPad oder Handy gelesen und bearbeitet werden.

Zentrale Internetplattform für den Austausch zwischen den Dozierenden und den StudentInnen ist das Lernprogramm Moodle, das inzwischen auch viele Präsenzuniversitäten anwenden. Für jeden Kurs wird auf Moodle eine eigene Website aufgeschaltet, auf der die Beteiligten miteinander kommunizieren können. Die Dozierenden stellen etwa Fragen zum Lernstoff ins Netz, die Studierenden setzen ihre Antworten in das entsprechende Forum auf der Website. So gibt es je nach Kurs eine Vielzahl von Foren, in denen einzelne Fragen und Themen in schriftlicher Form diskutiert werden.

Die Struktur von Moodle ist offen: Auch die Studierenden können neue Foren gründen. Moodle kann von den DozentInnen darüber hinaus benutzt werden, um den StudentInnen Textdateien, Filmsequenzen und Bilder zur Verfügung zu stellen.

Ausserdem besteht die Möglichkeit, dass sich Studierende via Moodle zu einem Livechat verabreden. Auf Moodle finden zudem sogenannte virtuelle Seminare statt, bei denen in einem vorgegebenen Zeitrahmen ein Thema vertieft behandelt wird. Studierende können dabei zum Beispiel gemeinsam an einem Text arbeiten.

Für die Fernuniversität Hagen ist das Internet ein zentrales Instrument der Wissensvermittlung. Sogenannte Kick-off-Veranstaltungen für NeueinsteigerInnen zum Beispiel werden per Video aufgezeichnet und ins Netz gestellt. Mehr und mehr Vorlesungen sind online zu finden. Und in sogenannten Connect-Sitzungen können Studierende und DozentInnen im Internet zeitgleich miteinander kommunizieren.

Lange Reise für zwanzig Minuten

Das Bologna-System gilt auch an der Fernuniversität. Jeweils zu Semesterende finden Prüfungen statt und werden ECTS-Punkte vergeben. Studierende aus der Schweiz können in der Regel die schriftlichen Prüfungen in den Studienzentren Brig und Pfäffikon oder an der Universität Bern ablegen. Schwieriger gestaltet sich bislang die Abnahme von mündlichen Prüfungen. Wenn Dozentin und Proband dafür zusammenkommen müssen, bedeutet das oft eine stundenlange Anfahrt für eine vielleicht gerade mal zwanzigminütige Befragung. Die Fernuni Hagen bietet als Alternative dazu die Möglichkeit der Videokonferenz. Allerdings ist dieser Service nicht ganz billig – 250 Franken pro Prüfung muss hinblättern, wer diese Variante wählt.

www.fernuni-hagen.de