100 Wörter: Die Hunde vom Grossen Sankt Bernhard
Die berühmten Hunde auf dem Grossen Sankt Bernhard sassen seit Tagen völlig belämmert in ihren Vorführgittern, und ausnahmsweise hätten sie sogar nichts dagegen gehabt, von TouristInnen begafft und angemenschelt zu werden. Wer hier oben Hund sein wollte, der brauchte starke Nerven. Weil es sich schon lange nicht mehr lohnte, verwegene Alpinsportler aus herunterkrachenden Lawinen zu retten, da diese unterdessen mit modernster Elektronik ausgerüstet waren und jederzeit dem Helikopter pfeifen konnten, hatten die Hunde ausgedient. Nur noch ganz selten, in der tiefen Nacht, wenn es niemand sah, rannten sie über die Alpweiden und jagten Murmeltiere und Kobolde zurück in unerforschte Höhlen.
Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.
Stephan Pörtner liest aus seinem neuen Buch «Bin gleich zurück. Komisches aus dem Leben von Beat Schlatter» am Donnerstag, 27. September, um 20 Uhr in der Buchhandlung Thalia Basel und am Samstag, 29. September, um 20 Uhr in der Buchhandlung Rösslitor St. Gallen.