Kommentar : Ihre Hebamme – fast gratis

Nr. 3 –

Wollen würden sie schon: Viele junge Frauen haben Interesse am Beruf der Hebamme. So viele, dass jährlich sicher doppelt so viele Hebammen ausgebildet werden könnten wie heute, schätzt Marianne Indergand vom Schweizerischen Hebammenverband. 2012 konnten nur rund 150 Hebammen das Bachelorstudium abschliessen: Es fehlt an Praktikumsplätzen. Um neue zu schaffen, müssten Bund und Kantone mehr in die Hebammenausbildung investieren.

Nötig wärs: Die Geburtenrate steigt. Die Gebärabteilung am Zürcher Triemlispital ist laut «Tages-Anzeiger» so überlastet, dass Frauen abgewiesen werden müssen. An freischaffenden Hebammen, die Mütter nach der Entlassung aus dem Spital im Wochenbett betreuen, mangelt es schon lange, vor allem auf dem Land.

Seit 2008 ist die Hebammenausbildung ein Bachelorstudium mit Praktika. Marianne Indergand findet das für diesen anspruchsvollen Beruf richtig, auch wenn manche Hebammen fürchten, die Praxis komme zu kurz. Auf eines hatte die «Aufwertung» bisher allerdings keinen Einfluss: auf die Löhne. Sie sind in kaum einem anderen akademischen Beruf so tief. Eine Spitalhebamme mit fünfzehn Jahren Erfahrung verdient laut Indergand 6000 bis 7500 Franken brutto – kein hoher Lohn für die grosse Verantwortung, körperlich und geistig anstrengende Einsätze, regelmässige Nachtschichten.

Noch prekärer arbeiten freischaffende Hebammen: Für eine Schwangerschaftskontrolle bekommen sie 56.10 Franken von den Krankenkassen vergütet, für einen Wochenbettbesuch 85.60 Franken; damit müssen sie auch Sozialversicherungen und Ferien, Anfahrtszeit und Büroarbeit finanzieren. Die Tarife wurden seit siebzehn Jahren nicht mehr angepasst. Für einen Wochenbettbesuch sind 35 Minuten berechnet; da bleibt keine Zeit für ein persönliches Gespräch. Die meisten Hebammen nehmen sich diese Zeit doch – auf Kosten ihres Einkommens. Die Hebammenarbeit steckt im gleichen Dilemma wie alle Pflegeberufe: Sie kann nicht «effizienter» werden, ohne dass die Qualität abnimmt. Wenn es um die Geburt geht, sollte das eigentlich allen klar sein. Eine kompetente Betreuung von Müttern und Neugeborenen braucht Zeit und angemessene Löhne, eine gute Ausbildung braucht Investitionen.