En passant: Small Talk in Beijing

Nr. 7 –

Und, schon mal in einem Gefängnis gewesen? Ich meine: Was soll man einen Mann vom Internationalen Roten Kreuz sonst auch fragen? In einem bewaffneten Konflikt befindet sich China nicht, Naturkatastrophen gab es lange keine mehr – und das Gespräch mit dem IKRK-Delegierten verläuft arg schleppend. Schon mein Scherz zu Beginn über einen Siemens-Manager, auf dessen Karte «Compliance Manager» steht und der aber nicht wusste, wie man «compliance» auf Chinesisch sagt, kam nicht gut an. Das wisse er auch nicht, entgegnete der IKRK-Mensch pikiert. Gott! Ich weiss es ja auch nicht. Nicht mal auf Deutsch! Aber wenn man schon ein Compliance-Manager ist, sollte man sich doch vielleicht mal bei einem Zweisprachigen erkunden, und bei Siemens wüsste selbst ich schon zwei ganz hervorragende … Ach, was solls?

Aber was ist denn jetzt mit den Gefängnisinspektionen? «Bisher noch nicht, aber vielleicht nächste Woche», sagt der Mann vom IKRK. In Beijing oder ausserhalb? «Das ist noch nicht entschieden.»

Vielleicht darf man einen IKRK-Mitarbeiter nicht so konkret fragen? Die sind doch bestimmt zur Diskretion verpflichtet und müssen entsprechende Erklärungen unterschreiben. Also allgemein gefragt: Wie viele Tage im Jahr wird er in Beijing sein und wie viele ausserhalb? «Das wird sich zeigen. Ich denke, am Anfang bin ich mehr hier in Beijing, später werden es dann auch mehr Termine ausserhalb …»

Mist, offenbar immer noch zu intern. Meinetwegen. Dann also: Was macht denn eigentlich das IKRK so in China? Das wird er doch wohl verraten dürfen? Also, einer von ihnen führt einen Dialog mit dem chinesischen Roten Kreuz. Ein anderer hält den Kontakt zur chinesischen Armee. Er selbst hat sich schon mal auf der Website des Rechtsstaatsdialogs der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit umgesehen – und sie ganz interessant gefunden –, sowie eine Mail an die Leiterin der politischen Abteilung der Deutschen Botschaft geschrieben.

Immerhin, eins weiss ich jetzt. Wenn ich wissen will, ob das Gerücht stimmt, dass seit den Unruhen 2009 in der westchinesischen Provinz Xinjiang über 10 000 UigurInnen «verschwunden» sind, dann weiss ich schon, wen ich nicht danach fragen muss. Und das ist der, der beim IKRK in China dafür zuständig ist, das Gespräch mit den chinesischen Sicherheitsorganen am Laufen zu halten.

Wolf Kantelhardt berichtet
 für die WOZ aus Beijing.