Uni-Sponsoring: «Die Universität kann mit dem Entscheid leben»
Wenn Private, Stiftungen oder Firmen wie die UBS Hochschulen sponsern, wollen sie auch darüber befinden, wie die Mittel verwendet werden. Andreas Fischer, der Rektor der Universität Zürich, hat damit kein Problem.
WOZ: Herr Fischer, legt die Universität Zürich nach dem Entscheid der Rekurskommission künftig alle Verträge offen?
Andreas Fischer: Die Verträge, die die Universität mit Dritten abschliesst, werden auf verschiedenen Ebenen genehmigt. Über Geschäfte, die eine Million übersteigen, entscheidet der Universitätsrat. Ob in Zukunft Sponsoringverträge wie jener mit der UBS-Stiftung offengelegt werden, ist Sache des Universitätsrats.
Und für Sie wäre das in Ordnung?
Der Universitätsrat ist unser Aufsichtsorgan, seine Entscheide sind für uns verbindlich.
Was bedeutet der aktuelle Entscheid für die Universität?
Mit dem Entscheid, dass der Vertrag mit gewissen eingeschwärzten Stellen freigegeben wird, kann die Universität leben.
Was ist denn im Fall des Vertrags mit der UBS-Stiftung so vertraulich? Gibt es da noch eine «hidden agenda»?
Nein, da gibt es keine «hidden agenda». Die Stiftung ist im Wesentlichen ein Vehikel, das die gesponserte Summe der UBS verwaltet und der Universität in Tranchen zukommen lässt. Vor allem für die fünf versprochenen Lehrstühle, die jeweils nochmals in einem separaten Vertrag ausgehandelt werden.
In der veröffentlichten Vertragspassage zu diesen Lehrstühlen heisst es, dass ihre Ausrichtung der UBS-Stiftung genehm sein muss. Lässt sich die Universität nicht ein Stück weit ihre wissenschaftliche Agenda diktieren?
Das ist so – und zwar nicht nur in diesem Fall, sondern bei praktisch jeder gestifteten Professur. Sie werden kaum einen Stifter finden, der einer Universität Geld spendet, ohne dass er wünschen kann, in welchem Gebiet der Lehrstuhl eingerichtet werden soll. Wenn die Universität mit diesem Gebiet nicht einverstanden ist, kann sie Nein sagen.
Hat die Uni Zürich schon einmal Nein gesagt?
Das hat sie. Mehr will ich dazu nicht sagen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Universität schon Angebote für Stiftungsprofessuren abgelehnt hat.
Im Fall des UBS-Sponsorings kann umgekehrt aber die Stiftung Nein sagen, wenn ihr die Ausrichtung des Lehrstuhls nicht passt.
Nein. Vermittler dieser Stiftung war Professor Ernst Fehr. Er hat in einem Konzept die Ausrichtung der fünf Lehrstühle umrissen. Das ist von der Fakultät gutgeheissen worden, entspricht also dem Willen der Universität. Die UBS hat nicht vorgeschrieben, in welchem Bereich ein Lehrstuhl angesiedelt sein muss.
Einfluss hat sie trotzdem: Der Geschäftsführer des UBS Centers war für die UBS tätig und federführend bei der Gründung des UBS Centers.
Professor Fehr ist Direktor des Centers und frei, wen er anstellen will. Das UBS Center ist als assoziiertes Institut rechtlich und finanziell von der Universität unabhängig. Die Position des Geschäftsführers ist ohnehin nicht besonders einflussreich, denn das UBS Center ist klein und funktioniert hauptsächlich als eine Art Transmissionsriemen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Indem es etwa wie jüngst öffentliche Vorträge organisiert.
Mit Forschungssponsoring hat das UBS Center nichts am Hut?
Nein. Alle Forschung wird im Rahmen universitärer Strukturen betrieben, im vorliegenden Fall im Rahmen des Instituts für Volkswirtschaftslehre der Universität.
Im Fall der UBS spielt auch eine ethische Komponente mit: Die Universität lässt sich von einer Institution sponsern, die moralisch höchst fragwürdige Geschäftspraktiken hat.
Das sind Ihre Worte – wünschen Sie, dass ich das kommentiere? Die UBS hatte in den letzten Jahren ihre Probleme. Gleichzeitig ist sie eine anerkannte Schweizer Firma und eine bedeutende Arbeitgeberin. Sie hat in der Vergangenheit viel Steuern bezahlt.
Aktuell zahlt sie keine.
Soviel ich weiss, zahlt die UBS zurzeit legitimerweise keine Steuern. Ich bin sicher, sie wird wieder Steuern zahlen. Weltweit tätige Schweizer Grossfirmen wie Nestlé und Novartis stehen im Fokus der Öffentlichkeit, die sie ethisch unterschiedlich beurteilt.
Wie geht die Universität mit Sponsoren um, die öffentlich kontrovers diskutiert werden?
Bislang funktionierte das Sponsoring durch Private und Stiftungen hauptsächlich über persönliche Beziehungen von Professoren zu solchen Einrichtungen. Das wird auch in Zukunft so sein, denn die Universität wird als öffentliche Institution nicht im grossen Rahmen Fundraising betreiben, auch wenn wir unsere Bemühungen mit der kürzlich gegründeten UZH Foundation intensiviert haben. Treten Sponsoren von aussen an uns heran mit dem Wunsch, einen Lehrstuhl zu stiften, wird in jedem Einzelfall abgeklärt, ob die gewünschte Ausrichtung ins Angebot der Universität passt.
Gibt es dafür Richtlinien?
Das Universitätsgesetz von 1998 hat die Universität zu einer «öffentlich-rechtlichen Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit» gemacht und ihr damit eine gewisse Handlungsfreiheit gegeben. Das ist uns wichtig.
Im Kantonsrat ist eine parlamentarische Initiative hängig, die das Universitätsgesetz mit einem Passus ergänzen will, der die Universität zur Veröffentlichung aller Verträge über Drittmittelfinanzierung verpflichtet.
Die Initiative will ich nicht kommentieren. Aber die Universitäten brauchen in der heutigen Bildungs- und Forschungslandschaft gewisse Freiräume, und ich würde es grundsätzlich bedauern, wenn diese Freiräume, die wir bislang verantwortungsbewusst wahrgenommen haben, vierzehn Jahre nach Inkrafttreten des neuen Universitätsgesetzes bereits wieder eingeschränkt würden.
Siehe dazu auch «Zur Transparenz gezwungen ».