100 Wörter: Im Frühling auf den Winter warten

Nr. 20 –

Weil er bei der Gartenarbeit im Sumpf zu versinken drohte, zog sich Krummenacher bereits nach einer halben Stunde halbherzigen Erdschaufelns wieder in den Schopf zurück, wo nicht nur das Gartenwerkzeug, sondern auch die Kaffeemaschine untergebracht war, sodass er sich dort mehrere Stunden nahezu regungslos aufhalten konnte. Bald starrte Krummenacher auf seinen winzigen Wiesenblätz hinaus und überlegte, ob sich die ganze Plagerei denn lohne oder ob es nicht besser wäre, sich ein Trottinett zu kaufen und den Garten als Rennpiste zu asphaltieren. Weil er aber ahnte, wie schnell ihm das verleidete, verwarf er diese Option und wartete einfach auf den Winter.

Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb, schöner Engel») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.