Zuwanderung: Zeit der Zahlenkämpfe
Der Kampf um Stimmen ist immer auch ein Kampf um Zahlen. Zahlen sind kalt und hart. Gerade bei emotional geführten Abstimmungsdebatten sind sie deshalb beliebt. Denn sie versprechen Vernunft, Sicherheit und Sachlichkeit.
Eine Zahl wurde in den letzten Wochen besonders gerne verwendet: 80 000. So viele Menschen wanderten angeblich dieses Jahr in die Schweiz ein. Der Haken daran: Die Zahl basiert auf einer Schätzung des Bundesamts für Migration. Die offizielle Zahl wird erst nach Jahresende bekannt. Am höchsten war die Zuwanderung 2008, als netto 100 000 Personen in die Schweiz kamen. Seither verzeichnet das Bundesamt für Statistik einen Rückgang, letztes Jahr betrug der Wanderungssaldo noch 45 170. Eher 80 000 oder eher 45 000? Man weiss es schlicht nicht, klar ist heute nur, dass wegen der guten Konjunktur die Zuwanderung 2013 höher als im Vorjahr ausfallen dürfte.
Ähnlich verhält es sich mit der Jugendarbeitslosigkeit. Am Wochenende bemerkte die «SonntagsZeitung», dass neben dem Staatssekretariat für Wirtschaft auch das Bundesamt für Statistik (BFS) regelmässig Zahlen zur Erwerbslosigkeit veröffentlicht. Demzufolge sei insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit viel höher als bisher angenommen, sie betrage nämlich zehn Prozent. Die Zahlen seien «Gift» für die Kampagne gegen die «Masseneinwanderungs»-Initiative der SVP, weil die Zuwanderung für die Jobunsicherheit verantwortlich gemacht werde. Abgesehen davon, dass auch die Zahlen vom BFS ihre Schwächen haben (saisonale Schwankungen, Telefonumfrage übers Festnetz, nicht Handy) – warum werden sie ausgerechnet jetzt angeführt und nicht etwa im Herbst 2010, als das Parlament den Jugendlichen die Arbeitslosengelder zusammenstrich?
Der Altkluge sagt: Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Aber das ist nicht der Punkt. Die entscheidende Frage lautet: Wer verwendet welche Zahlen wann – und vor allem warum?