«L’Escale»: Zwischenstopp in Griechenland
Über ein Jahr lang hat Kaveh Bakhtiari mit der Kamera sieben Flüchtlinge in Athen begleitet. Sie sind illegal nach Griechenland eingereist und haben bei Amir Unterschlupf gefunden. Dieser ist vor drei Jahren aus dem Iran nach Griechenland geflüchtet und hilft jetzt mit fast väterlicher Liebenswürdigkeit Menschen, die auf der Flucht sind. In einer ehemaligen Wäscherei verpflegt er sie für wenig Geld, während sie auf Kontakte zu Schleppern und Passfälschern warten. Für die sechs Iraner und die Armenierin, die Bakhtiari in «L’Escale» porträtiert, ist Griechenland ein Zwischenstopp. Sie wollen weiter nach Deutschland, Italien oder in die Schweiz.
Unter den Flüchtlingen ist auch Mohsen, der Cousin des Filmemachers. Bakhtiari selbst ist als Kind mit seiner Familie aus dem Iran in die Schweiz migriert. Sein Schweizer Pass wird von den anderen ausführlich bestaunt und untersucht. Es ist der «unfälschbare Pass» mit seinen versteckten Wasserzeichen und unsichtbaren Phosphorspuren, wie sie sagen. Wer diesen Pass besitzt, hat nichts mehr zu befürchten.
Obwohl Bakhtiari nie im Bild ist, ist er immer ins Geschehen involviert. Aus dem Off spricht er mit den Flüchtlingen über ihre Wünsche und Ängste. Nicht immer wird er freundlich begrüsst. «Schon wieder das Arschloch mit der Kamera!», schimpft einer, als er im Bild erscheint. Die Spannung zwischen dem Filmer, der einen Pass hat, und den Gefilmten, die dringend einen benötigen, ist spürbar.
«L’Escale» zeigt die MigrantInnen, die eigentlich unsichtbar sein müssten, in ihren intimsten Momenten: beim Schlafen, beim Essen, wenn sie die Existenz von Gott bezweifeln, wenn sie alle Hoffnung verlieren und neuen Mut fassen. Diese manchmal fast unangenehme Nähe zeichnet den Film aus. Die Beklemmtheit und die Enge, die in der Wohnung herrschen und die BewohnerInnen zu heftigen Streitereien treiben, die Ausweglosigkeit ihrer Situation, das alles geht unter die Haut. Die Szenen, die die Lebenssituation der Flüchtlinge so ungefiltert zeigen, scheinen manchmal voyeuristisch. Sie sind jedoch vor allem eine Anklage gegen eine Flüchtlingspolitik, die Menschen zu einem unwürdigen Leben zwingt.
Solothurn, Landhaus, Sa, 25. Januar 2014, 14.15 Uhr, und Reithalle, Di, 28. Januar 2014, 17.45 Uhr.
L’Escale. Regie: Kaveh Bakhtiari. Schweiz 2013