Migration: Der Weg nach draussen

Nr. 7 –

Ein Keller in Athen wird zur Welt: Sieben Personen teilen sich die «Pension Amir», wie sie nach ihrem Vermieter heisst. Draussen auf Athens Strassen laufen sie ständig Gefahr, verhaftet zu werden. Mohsen, Rassoul, Farshad und die anderen sind ohne Papiere hier. Doch auch der Keller selbst wird zum Gefängnis: Mal können die MigrantInnen ihre aufgestaute Energie im Boxtraining ablassen, sie dreschen auf Schwimmwesten ein, die ihnen von der Flucht geblieben sind. Mal kommt es zum handfesten Streit. Es gibt hier unten nur eine Regel, wie Pensionsleiter Amir erklärt: «Keine Fragen über die Vergangenheit, die geht niemanden etwas an.» So bleibt die Hoffnung auf die Zukunft: einen Pass zu erhalten, mit einem Foto, das einem ähnelt, auch wenn dafür die Haare geschnitten und mit Kontaktlinsen die Augenfarbe verändert werden muss. Einen Weg zu finden, weg aus dieser Zwischenstation.

Mit «L’escale» ist dem jungen iranisch-schweizerischen Regisseur Kaveh Bakhtiari eine ausgezeichnete Beschreibung der Situation von MigrantInnen an der europäischen Aussengrenze geglückt. Ein Jahr lang hat er im Keller verbracht und das Leben der MigrantInnen aufgezeichnet. Der Film, sagt er selbst, «ist ein Roadmovie im Stillstand». Die unmittelbaren Aufnahmen machen die ZuschauerInnen zum Teil des Geschehens. So gelingt Bakhtiari, was in der Beschreibung von Migration viel zu selten passiert: dass die MigrantInnen keine Objekte sind, sondern handelnde Personen, mit ihren Sorgen, ihren Träumen, aber auch mit viel Witz.

Irgendwann haben sich fast alle Personen, die den Weg aus dem Keller und durch die Zollkontrollen geschafft haben, telefonisch aus einem anderen europäischen Land gemeldet. Nun macht sich auch Mohsen, Bakhtiaris Cousin, dessentwegen der Regisseur überhaupt vom Keller erfahren hat, auf den Weg. Mohsen will zurück in den Iran, und der Film nimmt eine dramatische Wendung. Es ist der Schwebezustand zwischen Hoffnung und Traurigkeit, der den Film so stark macht.

L’escale. Regie: Kaveh Bakhtiari. Schweiz 2013. Ab 16. Febrar 2014 in den Schweizer Kinos