Medientagebuch: Dritte Stimme für Basel

Nr. 21 –

Guy Krneta über die Notwendigkeit der «TagesWoche»

Zürcherinnen und Bernern klarzumachen, was auf dem Medienplatz Basel abläuft, ist oft nicht einfach. Christoph Blochers Übernahme der «Basler Zeitung» («BaZ») ist bekannt. Aber was ein Blatt bewirkt, das dafür subventioniert wird, «Politik aus den Angeln zu heben», ist schwer zu begreifen. Auch in Basel selbst fehlt heute die Gesprächsbasis dafür. Wer nicht von Amtes wegen glaubt, die Blocher-Zeitung lesen zu müssen, hat sie längst aus dem Blickfeld verloren. Und ist entsetzt, wenn er sie doch einmal in die Hände bekommt, wie geballt sich hier ideologische Verbiesterung an Dauerskandalisierung, billigster Boulevard an SDA-Nachricht und abgestandenen Stammtischhumor reiht. Man frage nicht, wie die Zielgruppe dieser Zeitung aussieht. Sie müsste aus Zombies bestehen.

Welche politischen Folgen das Gebräu vor Ort hat, lässt sich aus den Abstimmungs- und Wahlresultaten der letzten Zeit noch kaum beurteilen. Strategisch ist die Zeitung isoliert. Blocher hat zwar dank der «BaZ» ein bisschen den Fuss drin bei Tamedia und ein bisschen beim Schweizer Fernsehen. Weitere Einflussbereiche kann er aber höchstens durch neue Gratisangebote im Mittelland gewinnen. Die «BaZ» – genauer: deren Chefredaktor – wird national häufiger zitiert als früher, doch immer nur als Parteistimme. In der Region Basel führen der gereizte Ton der Zeitung und die gezielte Verbreitung falscher Fakten zu zunehmend gehässigeren Debatten, zu verstärkter Polarisierung, Personifizierung und im Grunde zur Entpolitisierung der Politik. Sowie zur Dauerfrage: Reagieren oder ignorieren?

Solange die «BaZ» quasi Monopolzeitung war, stellte sich die Frage, wo man überhaupt hätte reagieren können. Die neue «BaZ»-Konkurrenz ihrerseits steht heute im Dilemma, ob sie die Themensetzung des Blocher-Blatts verschweigt oder erwidert und ihm so zusätzliches Gewicht verleiht. Die «TagesWoche» hatte anfänglich beteuert, «keine Anti-BaZ» sein zu wollen. Mittlerweile hat sich ihr Ton gegenüber dem früheren Platzhirsch verschärft. Unerklärlich ist mir allerdings, warum sie auf ihrer Website weiterhin Links zur «BaZ» aufschaltet.

Auch die «bz Basel», ein Ableger der «Basellandschaftlichen Zeitung» und der AZ Medien aus Baden, fährt einen entschiedeneren Kurs, der auf Faktenwahrheit und Stimmenvielfalt beharrt. Die «bz Basel» könnte heute jene Forumszeitung sein, die sich viele Baslerinnen und Basler nach der «BaZ»-Übernahme durch Blocher gewünscht haben – hätte sie nicht ihre Liestaler Herkunft, den Aargauer Mantelteil (mit viel Badener Altlasten) und einen tautologischen Namen. Doch sollte der geplante Ausbau der Zeitung tatsächlich weitergehen, könnte sie die «BaZ» endlich in jene Nische verweisen, in der diese ideologisch längst steckt.

Dann würde sich auch die Funktion der «TagesWoche» als «dritte Stimme» klären – und als einziges der drei Medien, das über einen eigenständigen Basler Onlineauftritt verfügt. Enttäuschend ist, dass selbst im Onlinebereich die «TagesWoche» mit heute 123 000 «Unique Clients» noch nicht mal ein Viertel jener Leute erreicht, die die von Newsnet betriebene Plattform bazonline.ch besuchen. Doch die «TagesWoche» aufgrund ihrer Papierausgabe und der kolportierten inneren Querelen zu beurteilen oder gar abzuschreiben, wie das mitunter geschieht, wäre unfair und äusserst kurzsichtig. Dafür reicht ein Blick auf die täglichen, zum Teil ausserordentlichen Onlinebeiträge. Der Verlust der «TagesWoche» wäre für Basel ein gewaltiger Rückschlag.

Der Schriftsteller Guy Krneta ist Mitbegründer der medienpolitischen Aktion «Rettet Basel!».