Medientagebuch: Streikbrecher in Zürich
Zum Konflikt bei der «Basler Zeitung».
In der Nacht auf Montag streikte die Druckereibelegschaft der «Basler Zeitung». Um zwei Uhr früh kommunizierte «bazonline», die Printausgabe entfalle heute. Dann erschien sie doch, zum Teil mit Verspätung. Der «Notfallplan» funktionierte: Die Streikbrecher waren in Zürich.
Die Basler Zeitungsdruckerei wird auf Ende März geschlossen. Über siebzig Personen werden auf die Strasse gestellt. Der vorgeschlagene Sozialplan soll die Investoren «nichts kosten», wie die Mediengewerkschaft Syndicom schreibt. Die Forderungen nach Übergangsrenten und Abgangsentschädigungen wurden abgewiesen – mit dem lapidaren Hinweis auf die prekäre Situation des Unternehmens. Daraufhin verlangte die Belegschaft eine einmalige Abfindung von tausend Franken pro MitarbeiterIn und Dienstjahr, doch sie wurde vertröstet.
Parallel zum Warnstreik schaltete Syndicom im Netz eine Petition auf, die in kurzer Zeit von mehreren Hundert Personen unterschrieben wurde. Die Belegschaft kann mit grossem Verständnis seitens der Basler Bevölkerung rechnen. Dass Basel kein eigenes Medienunternehmen und keine Zeitungsdruckerei mehr haben soll, stösst trotz allen «Strukturwandels» auf keinerlei Verständnis. In der Region Basel lebt eine halbe Million EinwohnerInnen, ein Bedarf nach einer hier verankerten Tageszeitung besteht offensichtlich – wenigstens noch für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre.
Als er die «Basler Zeitung Medien» verkaufte, habe die Druckerei schwarze Zahlen geschrieben, sagte mir Matthias Hagemann vor einiger Zeit. Warum er aber mit der «Coop-Zeitung», für deren Grossauftrag er 2002 noch achtzig Millionen Franken in eine neue Zeitungsrotation steckte, keine langfristigen Verträge aushandelte, ist noch immer nicht zu verstehen. Der Auftrag ging dann unter Christoph Blochers erstem Strohmann, Martin Wagner, verloren – eine direkte Folge von Blochers monatelangem Versteckspiel und seinem erklärten Desinteresse an einem «Mischkonzern».
Auch danach stand die Druckerei wirtschaftlich weniger schlecht da, als immer wieder behauptet wurde. Die «Aargauer Zeitung» wies darauf hin, dass die Auslastung zu tief beziffert wurde. Die «TagesWoche» machte bekannt, dass der Druckerei intern höhere Kosten verrechnet wurden, als sachlich gerechtfertigt gewesen wären. Wenn das Unternehmen für die Schliessung nun wirtschaftliche Gründe geltend macht, nachdem es gleichzeitig mit seiner «Basler Zeitung» innert zweier Jahre mehr als 20 000 AbonnentInnen verloren hat, ohne dass deswegen der Chefredaktor ausgewechselt worden wäre, ist das wenig glaubwürdig.
Ein Potenzial entdeckte offenbar auch die Belegschaft, die sich darum bemühte, den (reduzierten) Druckereibetrieb in Basel selbst weiterzuführen. Die Ausarbeitung von Alternativprojekten hätte Zeit beansprucht. Darum wurde auf eine Verlängerung der Konsultationsfrist gedrängt, was CEO Rolf Bollmann, Blochers Mann fürs Grobe («das hält ein Jüngerer nicht aus»), kommentarlos ablehnte.
Eine üble Rolle in der Angelegenheit spielt die Zürcher Tamedia, die nicht nur «notfallmässig» die Montagsausgabe druckte, sondern die Druckaufträge der BZM erbt. Dass und wie der «Tages-Anzeiger»-Konzern Christoph Blocher geschäftseifrig beisteht, ein Medienunternehmen zu zerlegen und eine schlanke Kampfpostille zu basteln, wird – wie viele Rückmeldungen an «Rettet Basel» zeigen – von der hiesigen Öffentlichkeit sehr genau registriert.
Guy Krneta ist Schriftsteller und Mitglied von «Rettet Basel», einer Aktion, die sich für Blocher-unabhängige Medien in Basel einsetzt.