Poetry-Slam: Die Vielfalt der Worte
Poetry-Slam rockt weiter. In der ausverkauften Halle des Zürcher Schiffbaus wurde übers Wochenende die 6. Schweizer Poetry-Slam-Meisterschaft ausgetragen. Insgesamt 2600 ZuschauerInnen zog die Veranstaltung an drei Tagen an, und das sind schon beinahe so viele, wie sich mittlerweile zu einem Heimspiel von GC in den Letzigrund verirren.
Slam-Poetry ist immer noch ein junges Genre, und deshalb wurde ein U20-Finale durchgeführt. Acht Kantone sandten RepräsentantInnen; die Ostschweiz war wieder mal stark vertreten, aber es gewann die neunzehnjährige Olga Lakritz aus Zürich. Sie ist per Social Media bekannt geworden und hat schon verschiedene lokale Wettbewerbe gewonnen. Sie überzeugte mit präzisem Vortrag und der Spannweite der Texte. Und die soziale Bedeutung machte sie kürzlich auch klar: «Was mir an Körpergrösse fehlt, mache ich durch Worte wett», hat sie ernsthaft ironisch erklärt.
Im neu ins Programm aufgenommenen Teamwettbewerb mit bis zu vier PoetInnen auf der Bühne setzte sich das «Helvetische Dreieck», bestehend aus Sven Hirsbrunner und Dominik Muheim, durch. Um den Einzeltitel als Schweizer Meister bewarben sich 36 KünstlerInnen, und entsprechend musste mit schnellem Mundwerk gekämpft werden. Neun KonkurrentInnen schafften es in den Final. In diesem konnte Vorjahressieger Christoph Simon seinen Titel erfolgreich verteidigen.
Eigentlich ist Simon kein urtümlicher Slammer, sondern hat den Weg vom Buchautor hinter sich, und mit 42 Jahren ist er auch nicht mehr der Jüngste. Aber seine vielfältigen literarischen Aktivitäten befähigen ihn auch zum Liveauftritt. 2001 veröffentlichte er einen ersten Roman, «Franz oder warum Antilopen nebeneinander laufen», seither sind drei weitere erschienen. Aber er hat schon früher die Genres vermischt, mit einer Lese- und Arbeitsgruppe – den Autören – gearbeitet, und in seinen Kurzgeschichten zeigt sich die disziplinierte Konzentration, die das vermeintlich spontane Slammen ebenfalls braucht. Zudem ist er als Zeichner und Videoartist aktiv. Wer wollte da mit ihm beim Slammen noch mithalten können.