En passant: Auf einen Kaffee mit …

Nr. 34 –

«Ha! Ha!», lacht Wang Tao, aber es ist kein fröhliches Lachen. Eher schadenfroh. «Wartets nur ab! Ihr werdet schon sehen! Wenn ihr erst mal zum Kaffeetrinken eingeladen werdet …» Das mit dem Kaffeetrinken hat sich Wang speziell für ihre ausländischen Gäste ausgedacht.

In China werden bisher nur lokale MitarbeiterInnen von NGOs von der Staatssicherheit vorgeladen. Um Bericht zu erstatten. Sie nennen das «zum Teetrinken eingeladen werden». Zum einen deshalb, weil die meisten dieser Gespräche in Restaurants stattfinden und es bei ihnen auch nicht wie bei einem Verhör zugeht – wir wollen doch alle, dass China gross und stark und politisch stabil ist, wir machen doch auch nur unsere Arbeit (und haben seit der Machtübernahme von Präsident Xi Jinping fürchterlich viele Überstunden zu leisten und pro Jahr mindestens dreissig «wertvolle» Informationen enthaltende Berichte einzureichen) … Und zum anderen wird die Getränkerechnung tatsächlich von der Staatssicherheit übernommen.

Doch jetzt wurde der «zweite Entwurf» eines «Verwaltungsgesetzes für ausländische NGOs» veröffentlicht. Und wenn er so in Kraft tritt, dann existieren ausländische NGOs nicht mehr wie bisher in einem juristischen Vakuum. Das Gesetz sieht vor, dass jede von einer ausländischen Nonprofitorganisation finanzierte Aktivität vorher von drei verschiedenen Behörden genehmigt werden muss.

Die erste und wichtigste davon ist die «Schwiegermuttereinheit», eine staatliche Stelle aus demselben oder einem ähnlichen Arbeitsbereich. Wer HIV/Aids-Aufklärung betreiben will, muss das Gesundheitsamt um Erlaubnis bitten; wer mit Behinderten arbeiten will, muss beim staatlichen Behindertenverband vorstellig werden; wer Migrantenkinder schulen möchte, hat das Bildungsministerium zu fragen. Wer in allen drei Bereichen aktiv sein will, hat ein Problem. Und wer für die sogenannten WanderarbeiterInnen ausstehende Löhne einfordern helfen möchte, hat Pech gehabt. Die zweite Behörde ist die Regierung selbst, die dritte ist die Polizei. Was Michael Hermann, den Leiter der NGO Humana in China, besonders empört. «Überall auf der Welt ist das Innenministerium für NGOs zuständig», sagt er. Und in China werde gleich von Anfang an die Polizei eingeschaltet.

In Zukunft sind es möglicherweise also sogar die ausländischen NGO-MitarbeiterInnen, die die «Sicherheitsorgane» zum Kaffee ausführen müssen. Aber warum das Wang Tao, die Leiterin einer grossen – staatsnahen – chinesischen Stiftung, so lustig findet, das verstehe ich nicht.

Wolf Kantelhardt 
schreibt regelmässig aus Beijing.