Personenfreizügigkeit: Auf nach Ulan-Bator, Herr Bundesrat!
Was für ein Trauerspiel. Ulan-Bator! Heisst es nun plötzlich. Dort findet nächste Woche das Europa-Asien-Treffen statt. Man kann es sich gut vorstellen, wie Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann in seinem Büro sitzt und die Agenda der EU-SpitzenvertreterInnen studiert. Schliesslich steigt der Druck: Brüssel macht in Kürze Ferien, und wie oft schon hat man der Presse versprochen, mit der EU bald eine Einigung über die Personenfreizügigkeit zu erzielen.
Ein für diese Woche in Strassburg geplantes Treffen sei verschoben worden, heisst es aus Bern. Da muss man den EU-Chefs halt in die Mongolei nachfliegen. Dass es keine Vereinbarung für ein Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gibt, kommentiert der Kommunikationschef des Wirtschaftsdepartements optimistisch: «Es ist aber auch nicht auszuschliessen, dass es ein solches geben wird.» – Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Dann wird er noch waghalsiger: Man erwarte Gesprächsbereitschaft von der EU. Blöd nur, dass die Verhandlungsgrundlage der Schweiz – um es einmal nett zu sagen – äusserst dünn ist. Längst hat der Bundesrat angekündigt, die Umsetzung der «Masseneinwanderungsinitiative» über eine Schutzklausel erreichen zu wollen, gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen: Bei schwerwiegenden sozialen oder wirtschaftlichen Problemen könne die Schweiz auf Abhilfemassnahmen drängen, ist unter Artikel 14.2 nachzulesen.
Da kommt der am Montag publizierte Bericht des Bundes über die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit natürlich ungelegen. Alles in bester Ordnung mit dem freien Personenverkehr, lässt sich der Bericht zusammenfassen: Es findet keine Verdrängung der inländischen ArbeitnehmerInnen statt, die Zuwanderung nützt den Sozialwerken, die Arbeitslosenzahlen im Grenzkanton Tessin sind rückläufig, und die Erwerbsquote der über Fünfzigjährigen ist so hoch wie nie – Schweizer Scheinkrisen sind das Letzte, mit dem sich die EU nach dem Brexit beschäftigen wird. Da kann Schneider-Ammann so viel herumfliegen, wie er will.