Schweiz–Britannien: Schlamassel, von der SVP selbst gebacken

Nr. 33 –

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen müssten unverzüglich aufgenommen werden, verlangte die SVP am Dienstag in der Wirtschaftskommission des Nationalrats. Es ist gerade einmal knapp zwei Monate her, seit sich Britannien entschieden hat, aus der Europäischen Union auszutreten – schon wird die Volkspartei nervös. In Britannien befänden sich nicht nur einige der besten Universitäten der Welt, schreibt die Partei in einer Medienmitteilung. Die Insel sei auch einer der führenden Finanzplätze und weltweit der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz. Freilich sind die Beziehungen mit Britannien heute grösstenteils über Verträge mit der EU geregelt. Mit dem absehbaren Brexit werden diese Abkommen für die Schweiz hinfällig.

Bei der Schweizer Rechten weckte die neue Ausgangslage grössenwahnsinnige Sehnsüchte. Man malt sich eine neue Allianz aus: die Schweiz und Britannien, zwei Wirtschaftsmächte, verbunden im Sonderfall. Endlich will die SVP beweisen, was sie schon immer behauptet: dass man nicht auf die EU angewiesen sei, um starke Handelsbeziehungen mit der grossen, weiten Welt zu führen. Dass es wieder ein Europa der starken Nationalstaaten brauche. Doch die diplomatischen Realitäten sehen anders aus: Die Schweiz muss derzeit bekanntlich mit der EU eine Lösung zur Umsetzung der «Masseneinwanderungsinitiative» finden.

An beiden Fronten zum Erfolg zu kommen, das dürfte allerdings eine Mammutaufgabe werden. Die Signale aus Brüssel und Bern seien klar, schrieb der «Tages-Anzeiger» gestern. Tatsächlich: Eine zu öffentlich zelebrierte Nähe zu Britannien würde die Verhandlungsbereitschaft der EU gegenüber der Schweiz gewiss nicht verstärken. Zu einem neuen Treffen zwischen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundespräsident Johann Schneider-Ammann kommt es erst wieder im September. Zurückhaltung tut also not. Die SVP aber – die der Schweiz den ganzen Schlamassel erst eingebrockt hat – empört sich: Dass eine Kommissionsmehrheit die Diskussion um das Handelsabkommen verschoben habe, sei reine Verzögerungstaktik, schreibt die Partei. Man werde in der Herbstsession weiter Druck machen.