Fussball und andere Randsportarten: Verein oder Nichtverein

Nr. 38 –

Etrit Hasler über juristische Feinheiten und Steuersätze

Anfang August gelangte ein Osnabrücker Rechtsprofessor, Lars Leuschner, ans Münchner Amtsgericht mit einem Anliegen, das die Sportpresse kollektiv aufschreckte: Er beantragte nämlich nichts weniger, als dass der FC Bayern München aus dem Vereinsregister zu streichen sei, da der Verein offensichtlich wirtschaftliche Interessen und eben nicht «ideelle Zwecke» verfolge, wie dies das Gesetz verlangt.

Zwar verhält es sich so, dass der FC Bayern seine profitablen Geschäftsbereiche, darunter die Profimannschaft, in eigens dafür geschaffene Aktiengesellschaften ausgelagert hat – in der deutschen Bundesliga wie auch in der Schweizer Super League ist das von der Liga so vorgeschrieben. Allerdings verdienen die Vereine an diesen Aktiengesellschaften durchaus mit – und die Auslagerung dient vor allem als Auffangnetz im Fall eines Konkurses. In der Schweiz profitierte vor vier Jahren der FC Neuchâtel Xamax von der entsprechenden Regelung. Nachdem die Profimannschaft pleitegegangen war, erklärte der Verein die nicht in eine AG ausgelagerte U21-Equipe zur ersten Mannschaft und fusionierte mit dem damals in der vierthöchsten Liga spielenden Vorortklub FC Serrières. Statt in der tiefsten Amateurliga neu zu starten, konnte Xamax in der vierthöchsten Liga spielen. Heute spielt die erste Mannschaft bereits in der zweithöchsten Liga.

Die rechtliche Auswirkung einer Streichung aus dem Vereinsregister wurde in der Presse als unklar eingeschätzt – gerade in Deutschland, wo die «50+1-Regel» gilt, die verunmöglichen soll, dass Fussballvereine an private Investoren verkauft werden können. Und vielleicht ist auch wichtig zu wissen, dass es dem klagenden Professor um eine grundsätzliche Rechtsfrage ging und nicht darum, dem FC Bayern zu schaden – ist er doch selber bekennender Bayern-Fan.

Interessant wäre aber vor allem die Ausstrahlung eines solchen Urteils über die deutschen Landesgrenzen hinaus: Auch in der Schweiz sind Fussballklubs bis heute als Vereine organisiert. Selbst der in Zürich ansässige Dachverband des Weltfussballs, die Fifa, wird von den Zürcher Steuerbehörden nach wie vor als gemeinnützig anerkannt – was ihn zwar nicht davon entbindet, Steuern bezahlen zu müssen, aber dem Verein lächerlich tiefe Steuersätze beschert, nämlich 4 Prozent Gewinnsteuer und 0,75 Prozent Kapitalsteuer. Dies bei einem Gewinn von 141 Millionen und «Rücklagen» von 1,52 Milliarden Franken – ein Grossteil davon als «zweckgebundene Reserven» und somit steuerfrei.

Wobei man festhalten muss, dass dieser fixe Satz eine relativ neue Errungenschaft ist. Früher bezahlte die Fifa pro Jahr ein paar Hunderttausend Franken Steuern, erst vor ein paar Jahren schnellte der Betrag in die Höhe – wenig überraschend zu einer Zeit, als sowohl im Zürcher Gemeinderat (aufgrund eines Postulats der AL) wie im Nationalrat (aufgrund einer Petition der Juso) darüber diskutiert wurde, die Fifa wie eine gewinnorientierte Firma zu besteuern.

Zugegeben, an diese Beträge kommt ein normaler, «kleiner» Verein nicht ansatzweise heran – nicht einmal ein Weltverein wie Bayern München. Doch wer daran zweifelt, dass es selbst bei kleineren, international unbedeutenden Fussballvereinen, die eben nicht um die Champions-League-Millionen mitspielen können, um riesige Summen geht, sollte sich vielleicht die Summe kurz auf der Zunge zergehen lassen, mit der Andy Rihs an der letzten Pressekonferenz die Berner Young Boys im Basar der Öffentlichkeit zum Verkauf anbot: hundert Millionen Schweizer Franken.

Übrigens: Das Amtsgericht München lehnte vor ein paar Tagen Leuschners Antrag ab, mit der lapidaren Begründung, die konkreten Verhältnisse seien geprüft worden, die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Vereins fänden nur in der ausgelagerten Aktiengesellschaft statt und seien somit rechtskonform. Bayern München und eventuell auch die Fifa dürfen also aufatmen – hoffentlich nur für den Moment.

Etrit Hasler hätte da eine Idee, wo der Kanton Zürich das Geld wieder herbekommen könnte, das ihm entgeht, wenn die irrsinnige Unternehmenssteuerreform III angenommen wird – aber er ist schliesslich nur Sport- und nicht Politikkolumnist.