Editorial: Benutze mich! – Wenn Musik zum Soundtrack wird

Nr. 42 –

  • Musik bewegt unser Kinoerlebnis. Illustration: Niklaus Troxler, www.troxlerart.ch
  • Musik bewegt unsere Shoppingtour. Illustration: Niklaus Troxler, www.troxlerart.ch

Der Philosoph Theodor W. Adorno forderte von der Musik, dass sie autonom sein soll: frei von gesellschaftlichen Einflüssen und Forderungen nach Nützlichkeit. Hier schreiben wir über das Gegenteil: über Musik, die benutzt wird. Um sich aus einer tristen US-Kleinstadt hinauszuträumen, um die Pausen zwischen den Dialogen eines Videospiels zu füllen, um dem Zorn gegen den Rassismus der US-amerikanischen Gesellschaft Ausdruck zu verleihen, um einen Stadtspaziergang zum psychedelischen Erlebnis zu machen oder um den Willen eines mutmasslichen Terroristen durch psychologische Kriegsführung zu brechen. In all diesen Momenten wird Musik zum Soundtrack.

Musik als Soundtrack zu betrachten, macht klar, dass sie nie autonom sein kann. Ohne den Walkman im Aerobicraum, den Soundchip in der Playstation oder das mobile Internet im Bus würde sie gar nie an die Orte gelangen, an denen wir sie erleben. Aber damit MusikerInnen ihre Werke überhaupt an die Frau und den Mann bringen, sich ausdrücken wollen, müssen sie immer wieder auch durch soziale Kämpfe um Abgrenzung und Anerkennung angetrieben werden: «War ready» sei er, sagt der Rapper Vince Staples angesichts der Bedrohungen, unter denen er als Schwarzer in den USA zu leiden hat. Das macht seine Musik zum Soundtrack der Black-Lives-Matter-Bewegung. Indem sich Musik und sozialer Kampf verbinden, gewinnen beide an Kraft und Dringlichkeit.

Für die Illustrationen in dieser Beilage konnten wir den Künstler und Grafiker Niklaus Troxler gewinnen. Von 1989 bis 2013 war Troxler Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Von 1966 bis 2013 organisierte er in Willisau Jazzkonzerte und von 1975 bis 2009 das Jazzfestival Willisau, für das er zahlreiche Plakate gestaltete. Seine Plakate sind in den wichtigsten Designsammlungen zu finden, etwa im Museum of Modern Art in New York und im Museum für Gestaltung in Zürich. Für die Serie in dieser Beilage liessen wir Troxler das Thema Soundtracks in seiner eigenen künstlerischen Sprache umsetzen. Dabei hat er sich lose an einigen der im Heft behandelten Themen orientiert.