100 Wörter: Der verhinderte Topmanager
Grössenwahn und Post-it-Zettel waren schon immer Pflanzenfeinds Leidenschaft. Dass sich daraus nur schlecht die von ihm erträumte Karriere als Topmanager zimmern liess, verdrängte er jahrelang erfolgreich, indem er sämtliche Ratgeber zu den Themen Arbeitstechnik, Selbstoptimierung und Mindfulness las. Die Wände seiner hypothekenzerfressenen Einzimmerwohnung waren restlos mit farbigen Post-its bedeckt, auf die er aufbauende und anspornende Maximen kopiert hatte. Dank diesen war er überzeugt davon, ein vor Potenzial bebendes, modernes Zweckindividuum zu sein, fand aber keine Zeit mehr, einer mit Aufstiegschancen verbundenen Tätigkeit nachzugehen, und blieb so ein Taugenichts, für den immerhin nicht die Gesellschaft, sondern seine leidgeprüfte Mutter aufkommen musste.
Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb, schöner Engel», «Mordgarten») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen. Die WOZ hat eine Auswahl unter dem Titel «100 Mal 100 Wörter» als Buch herausgegeben, das unter www.woz.ch/shop/woz-buecher erhältlich ist. Sein Krimi «Mordgarten» ist unter www.woz.ch/shop/buecher zu haben.