USA: Die ersten Toten Donald Trumps

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Es war, darüber sind sich die KommentatorInnen einig, der bewegendste Moment der Rede, die Donald Trump am Dienstagabend vor dem US-Kongress hielt und die von vielen grossen TV-Stationen des Landes live übertragen wurde. Nachdem Trump zuvor eine massive Erhöhung der Militärausgaben angekündigt hatte, wandte er sich an die anwesende Witwe des Elitesoldaten William «Ryan» Owens, der beim ersten von Trump befohlenen Militäreinsatz am 29. Januar ums Leben gekommen war. Owen sei als Held gestorben, sagte Trump, und sein Einsatz habe es ermöglicht, dass der Geheimdienst wichtige Informationen habe sammeln können, um künftige Terroranschläge zu verhindern und Menschenleben zu retten.

Die Witwe Owen brach in Tränen aus, der ganze Saal erhob sich und applaudierte anhaltend. Van Jones, der linke Kommentator des US-Fernsehsenders CNN, nannte die Szene danach «einen der aussergewöhnlichsten Momente, die es je in der amerikanischen Politik gegeben hat». Trump habe es damit geschafft, die Leute hinter sich zu scharen. Er sei in diesem Moment wirklich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten geworden.

Tatsächlich hat Trump in dieser Szene gezeigt, dass er es wie kein Zweiter beherrscht, im richtigen Moment Emotionen zu schüren, um von einem Skandal abzulenken. Denn der erste verdeckte Militäreinsatz, den Trump nach nur neun Tagen im Amt befohlen hatte, war in Wahrheit ein einziges Desaster. Zwanzig unschuldige ZivilistInnen wurden bei der Aktion getötet, darunter viele Frauen und Kinder. So wurde etwa der achtjährigen Nawar al-Awlaki in den Nacken geschossen, zwei Stunden später starb sie an ihren Verletzungen. Sie war die Tochter des bereits 2011 durch einen Drohnenangriff im Jemen getöteten Anwar al-Awlaki, eines US-Bürgers, dem die US-Behörden Terrorismus vorgeworfen hatten, der sich jedoch nie vor Gericht hatte verteidigen können.

Die Navy-Seals-Kommandoaktion hatte nicht nur im Jemen Bestürzung ausgelöst. Auch in den USA kam Kritik auf. So hiess es von Vertretern der Vorgängerregierung, dass die Operation schon lange geplant gewesen sei, man jedoch das Risiko gescheut habe. Owens Vater hatte nach der Militäraktion ein Treffen mit Trump verweigert und die Einsetzung einer Untersuchungskommission gefordert. Ziel der Operation war es offenbar, einen hochrangigen Al-Kaida-Kommandanten auszuschalten, was aber nicht gelang.

Am Dienstag hat sich wohl eine der gefährlichsten Seiten von Donald Trump offenbart. Er lässt, während er mit seinen Beratern beim Abendessen sitzt, einen Militärangriff starten, der in einem Massaker endet. Und danach schafft er es, daraus auch noch politisches Kapital zu schlagen.