Von oben herab: Drohnkulisse
Stefan Gärtner steuert seine Aufklärungsdrohne zu «Teleblocher»
Dr. Matthias Ackeret: Meine Damen und Herren, willkommen zu einer weiteren Ausstrahlung von «Teleblocher», es ist die fünfhundertmillionste, Entschuldigung: fünfhundertunderste, sie wird zum ersten Mal von einer Kameradrohne aufgenommen. (Das Bild wackelt etwas.)
Christoph Blocher: Das hätts früher nicht gegeben.
Ackeret: Aber die Drohne boomt. In der Landwirtschaft sind bereits viele im Einsatz, in Lugano hat die Post einen Testbetrieb aufgenommen, und schon hunderttausend Schweizer haben zu Hause eine, und ganz gegen unsere Gewohnheit müssen wir hier sagen: und Schweizerinnen.
Blocher: Das hätts früher auch nicht gegeben.
Ackeret: Sakko und Jeans (zeigt an sich hinab), das hätts früher auch nicht gegeben, aber im Fernsehen, da geht ja alles, nicht wahr!
Blocher (versonnen): Wir sind der beste Beweis.
Ackeret: Ja! Also, wie ich sagte, hunderttausend Drohnen in der Schweiz, und zwanzig Prozent gehören schon Schweizerinnen. Haben Sie, Christoph Blocher, persönlich auch eine?
Blocher: Natürlich habe ich eine Schweizerin, seit Jahrzehnten schon. Ich bin ja schliesslich ein gesunder Schweizer Mann und sitze hier mit Ihnen sozusagen an diesem Ufer, nicht am anderen. Heute ist es ja chic, sich am anderen Ufer aufzuhalten, aber die besseren Aussichten hat man doch an unserem, nicht wahr? (Zeigt nach rechts in die schöne Aussicht.)
Ackeret: Ähm, ja! Natürlich! Aber zurück zum Thema. (Das Bild wackelt etwas.) Drohnen, unbemannte Flugkörper – werden sie unsere Welt revolutionieren?
Blocher: Sehen Sie, das meine ich: unbemannt. Zu einer gesunden Schweiz gehören ein Schweizer Mann und eine Schweizer Frau. «Unbemannt» ist auch wieder so etwas, was es früher nicht gegeben hätte, da waren Sie bemannt oder wurden bemannt oder kamen ins Kloster. Oder auf den Scheiterhaufen, auch gut.
Ackeret (unsicher): Wer, ich?
Blocher (spricht einfach weiter): Die unbemannte Schweizer Frau ist auch eine ungesunde Verlockung für den Nichtschweizer Mann. Deswegen will der Neger ja zu uns, nicht wahr. Dieser Filou! «Der harte Stutz, das Schweizer Weib / sind Allahs Söhnen Zeitvertreib.»
Ackeret: Richtig! Das könnte von mir sein!
Blocher (freundlich): Unsinn.
Ackeret: Natürlich, selbstverständlich. Zurück zu den Drohnen: Die üblichen Kreise fürchten bereits eine Zunahme von Datenschutzverletzungen, wenn ungenehmigte Luftaufnahmen gemacht werden, vom Nachbarn etwa, wie er in der Sonne liegt.
Blocher (lauernd): Das interessiert Sie? Wie Ihr Nachbar in der Sonne liegt?
Ackeret: Nein! Auf keinen Fall! Aber vielleicht eine der zwanzigtausend Schweizerinnen, die eine Drohne haben! So ein knackiger Schweizer Nachbar, das ist doch vielleicht, äh …
Blocher: Wissen Sie, ich bin ja selbst so eine Art Überflieger, eine Drohne vielleicht sogar: Ich schwebe über allem, ich liefere, was das Volk verlangt, ich versprühe mein Gift und habe meine Augen überall. Und ich bin dagegen, dass mich die üblichen Kommunisten da in meiner Schweizer Freiheit behindern wollen.
Ackeret: Absolut und völlig richtig. Ihnen, liebe Zuschauer, ein schönes Wochenende!
Blocher (misstrauisch): Und Zuschauerinnen.
Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.