100 Wörter: Kulturoptimismus
Der kabellose Kopfhörer war für Strauchenschmid die beste Erfindung der letzten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Das fiese «Plopp», das sich in den Gehörgang sprengte, wenn die Ohrstecker aufgrund von Hängenbleiben des Kabels an Türklinken, Jackenknöpfen oder Velolenkern aus dem Gehörgang gerissen wurden, gehörte zu den ekelhaftesten Geräuschen des postindustriellen Zeitalters, das sich bis dahin für Strauchenschmid als dermassen enttäuschend erwiesen hatte, dass es an Erniedrigung grenzte. Podcasts waren die einzige Errungenschaft der Epoche, der er etwas abgewinnen konnte. Dass ihm das Hören der kurzweiligen und lehrreichen Folgen erleichtert wurde, tröstete ihn darüber hinweg, dass er die teuren Kopfhörer ständig verlor.
Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb, schöner Engel», «Mordgarten») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen. Die WOZ hat eine Auswahl unter dem Titel «100 Mal 100 Wörter» als Buch herausgegeben, das unter www.woz.ch/shop/woz-buecher erhältlich ist. Sein Krimi «Mordgarten» ist unter www.woz.ch/shop/buecher zu haben.