Ausschaffungen nach Ungarn: Ein recht mutloses Urteil

Nr. 24 –

Fast täglich kann man Berichte von Flüchtlingen lesen, die an der ungarischen Grenze verprügelt und mit Hunden zurück über die Grenze nach Serbien gehetzt werden, ohne dass sie in Ungarn (und damit in der EU) ein Asylgesuch hätten stellen können. Diesen März trat in Ungarn zudem rückwirkend ein Gesetz in Kraft, nach dem alle Asylsuchenden ab dem Alter von vierzehn Jahren in geschlossenen Zentren – sprich Internierungslagern – untergebracht werden sollen (siehe WOZ Nr. 13/2017 ). Bereits im Februar 2016 hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) in allen Beschwerdefällen Dublin-Rückführungen aus der Schweiz nach Ungarn sistiert. Ausgeschafft wurde freilich trotzdem: Im Jahr 2016 waren es 65 Personen, dieses Jahr bis Ende April 10 Personen.

Vergangene Woche hat das BVGer nun ein lang erwartetes Grundsatzurteil gefällt und die Beschwerde eines kongolesischen Flüchtlings gegen seine Rückschaffung nach Ungarn gutgeheissen – und damit auch über 200 weitere Rekurse. Das Gericht weist damit die Fälle zur Neubeurteilung an das Staatssekretariat für Migration (SEM) zurück. Das SEM muss nun die Situation von Asylsuchenden in Ungarn restlos klären. Das bedeutet, dass das SEM jeden Fall einzeln prüfen muss. Es kann sich nicht mehr mit seiner Standardantwort herausreden, in allen Dublin-Staaten sei ein faires Verfahren gewährleistet. Zudem verlangt das Bundesverwaltungsgericht, dass es jeweils abklärt, ob Ungarn den Transfer akzeptiert. Die dortige Regierung hat allerdings bereits vor einem Jahr angekündigt, dass sie keine nach der Dublin-Verordnung Rückgeschaffte annehmen wird.

Das Urteil des BVGer ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber dennoch mutlos. Statt des möglicherweise erneut nur vorübergehenden Ausschaffungsstopps wäre es nur konsequent gewesen, die Schweiz zu verpflichten, alle Asylgesuche von Flüchtlingen selbst zu behandeln, die über Ungarn in die Schweiz eingereist sind.