RebellInnenrätsel: Die selbstbestimmte Schauspielerin

Nr. 37 –

Ohne Sinneskraft sei sie, schrieb die deutsche Kritik verärgert über die junge US-amerikanische Schauspielerin nach der Filmpremiere. Schon die Entscheidung des deutschen Regisseurs, die Verfilmung des gesellschaftskritischen Theaterstücks mit einem Stummfilmstar aus Hollywood zu besetzen, hatte zu Empörung geführt. Und ihr Schauspielpartner hielt sie für die schlechteste Schauspielerin der Welt.

Die damals 22-Jährige kam 1906 im ländlichen Wichita in Kansas zur Welt. Mit 15 Jahren zog sie nach New York, um Tänzerin zu werden. Über einen Umweg als Revuegirl landete sie bald schon auf der Leinwand, mit 21 war sie in den USA ein Star. Mit dem schwarz glänzenden Bubikopf, dem knabenhaften Körper (den sie in den Filmen hemmungslos einzusetzen wusste) und den verträumten, weit auseinanderstehenden Augen verkörperte sie die moderne Frau.

Ihre Schauspielkunst, schrieb die Filmkritikerin und -historikerin Lotte Eisner, beruhe auf einer seltsamen Mischung aus Passivität und Präsenz, die im Kino einmalig sei. In ihren Rollen des unmoralischen Weibs verdrehte sie allen den Kopf, auch im wirklichen Leben liess sie sich mit Männern und Frauen ein, schlief mal mit einem Stuntman, mal mit einer Kollegin. Ihr Engagement in Deutschland bedeutete das Ende ihrer Karriere. In Hollywood strafte man sie für ihren Eigensinn und ihre Selbstbestimmtheit ab: Nach ihrem Deutschlandengagement lehnte sie das Angebot eines berühmten Regisseurs in Hollywood ab, weil sie eine Reise nach New York nicht verschieben wollte. Dass sie als junge Frau nicht dem Ruf der mächtigen Herren folgte, verziehen diese ihr nicht. Zurück in den USA, erhielt sie noch ein paar jämmerliche Nebenrollen, mit nur 31 Jahren kehrte sie der Filmbranche den Rücken und verschwand aus dem öffentlichen Leben.

Erst Ende der fünfziger Jahre wurde sie von französischen Filmhistorikern zur Ikone des Stummfilms ernannt – heute ist ihr Gesicht nicht mehr aus der Filmgeschichte wegzudenken. Wieder in der Öffentlichkeit, begann sie, scharfzüngige Zeitungsartikel zu verfassen, in denen sie Einblick in das «System Hollywood» gab.

Wer war die 1985 verstorbene Schauspielerin, die den Hollywoodapparat aufs Tiefste hasste und erklärte, dass es zu ihrer Zeit «keinen Beruf auf der Welt gab, der so sehr der Versklavung glich wie die Karriere eines Filmstars»?

Wir fragten nach der Schauspielerin Louise Brooks. Der Regisseur G. W. Pabst hatte sie für die Rolle der Lulu in seiner Verfilmung von Wedekinds Stück «Die Büchse der Pandora» nach Deutschland geholt.