Italien: Die Fünf Sterne lernen das Taktieren
Ist das jetzt typisch sozialdemokratisch? Ihre Wahlniederlage am 4. März interpretierte die Führung von Italiens Partito Democratico (PD) nach bekanntem Muster: Die WählerInnen hätten der Partei den Auftrag erteilt, in die Opposition zu gehen; damit entfalle jede Verpflichtung, mit anderen Parteien über eine Regierungsbeteiligung zu verhandeln. So hatte es nach dem Desaster vom 24. September 2017 auch die SPD gehalten – mit dem Ergebnis, dass sie sich nach monatelangem Hin und Her dann doch als Juniorpartnerin der Konservativen wiederfand und damit noch mehr an Glaubwürdigkeit verlor.
Dem PD könnte es ähnlich ergehen – mit dem Unterschied allerdings, dass der Koalitionspartner in diesem Fall ein ganz anderer wäre, nämlich die vom Komiker Beppe Grillo gegründete Fünf-Sterne-Bewegung (Movimento Cinque Stelle / M5S), die bei der Wahl mit 32,7 Prozent stärkste Einzelpartei wurde. M5S-Spitzenkandidat Luigi Di Maio beansprucht daher auch das Amt des Premiers für sich. Sein Werben gilt allerdings vorrangig einem anderen potenziellen Partner: der von Matteo Salvini angeführten Lega, die mit 17,4 Prozent ebenfalls zu den Gewinnern zählt. Allerdings ist die Lega – zusammen mit Silvio Berlusconis Forza Italia und Giorgia Melonis Fratelli d’Italia – Teil des Rechtsblocks, der sich mit insgesamt 37 Prozent der Stimmen ebenfalls als Wahlsieger sieht. Da Berlusconi nicht mit den Fünf Sternen und Di Maio nicht mit Berlusconi regieren will, bliebe nur der Bruch der Lega mit den bisherigen rechten Bündnispartnern, und der ist derzeit eher unwahrscheinlich.
An diesem Punkt kommt nun wieder der Partito Democratico ins Spiel, wenn auch als zweite Wahl. Seit Wochen wird jedes Interview von M5S- und PD-VertreterInnen auf Botschaften untersucht: Gilt die Absage der SozialdemokratInnen an eine mögliche Regierungsbeteiligung noch? Oder gibt es Bündnisangebote? Wenn ja, zu welchen Bedingungen? Politische Inhalte spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Die Fünf Sterne, die sich mit der Lega über noch härtere Flüchtlingsabwehr und Steuersenkungen für alle einig sind, würden im Bündnis mit dem PD auch Matteo Renzis neoliberale Arbeitsmarktreformen unangetastet lassen müssen, die sie eigentlich rückgängig machen wollen. Damit würden sie genau das praktizieren, was sie der verhassten «Kaste» der BerufspolitikerInnen immer vorwerfen: reine Machtpolitik.
In dieser verworrenen Situation wäre es opportun, sich für das «kleinere Übel» zu entscheiden. Dumm nur, dass nicht zu erkennen ist, was das genau wäre.