LeserInnenbriefe

Nr. 13 –

Falsche Fährte

«Eritreische Perspektiven: Ein Land erwacht aus der Erstarrung», WOZ Nr. 10/2019

Ihre Reportage über die Verhältnisse in Eritrea ist etwas missverständlich. Der Titel «Ein Land erwacht aus der Erstarrung» ist reichlich kühn. Der Friede mit Äthiopien ist natürlich erfreulich. Aber ob er sich auch auf die zum Teil schlimmen Lebensbedingungen auswirkt, ist mehr als fraglich.

Wenn der sogenannte «Nationaldienst» gefürchtet ist, so ist er dies nicht nur wegen der unbestimmten Dauer, sondern vor allem wegen der krassen humanitären Situation: Schläge und Misshandlungen sind verbreitet. Der eritreische Informationsminister (!) spricht vom Beginn von «sichtbaren Veränderungen». Jedoch: Die Repräsentanten der Regierung lügen notorisch; es ist nicht das erste Mal, dass eine Verkürzung des Nationaldienstes in Aussicht gestellt wird: Nichts hat sich geändert. Die Gefängnisse, deren Zahl enorm sein muss, sind Stätten der Brutalität; viele staatliche Abteilungen verfügen über eigene Haftanstalten und es herrscht geradezu (bezüglich des Grades an Grausamkeit) eine Hierarchie von Gefängnissen. Überdies sind die Ausreisemöglichkeiten nach Äthiopien durchaus beschränkt.

Ihr Artikel suggeriert mindestens eine allgemeine positive Entwicklung des Landes. Dieser Ausblick ist fragwürdig und der Titel auf der ersten Seite, «Im neuen Eritrea», führt auf eine falsche Fährte.

Hanspeter Geiger, Haldenstein

Ermordet, nicht gestorben

«Durch den Monat mit Judith Eisenring: Wie gefährlich war es in Nicaragua?», WOZ Nr. 11/2019

Im Nachsatz zum Interview steht: «Jürg Weis, der 1988 in El Salvador starb.» In der Tat wurde Jürg Weis gefoltert und ermordet!

Auf öffentlichen Druck hin wurde seine Leiche schliesslich in die Schweiz überführt und konnte gerichtsmedizinisch untersucht werden. Vorgängig hatten die zuständigen Behörden von El Salvador versucht, durch Präparationen an der Leiche gewisse Hinweise auf äussere Gewalteinwirkungen, die dem Lebenden beigebracht worden waren, zu vertuschen, und behaupteten, diese seien ihm erst nach seinem Tod von Tieren zugefügt worden. Der Gerichtsmediziner konnte aber eindeutig nachweisen, dass Gewalteinwirkungen erfolgt waren, während Jürg Weis noch am Leben war. Deshalb musste angenommen werden, dass Jürg Weis im Einverständnis oder gar auf Geheiss höherer Stellen El Salvadors umgebracht wurde. Übrigens erschien die offizielle Schweiz damals sehr zurückhaltend, denn die Todesbrigaden bekämpften ja die Kommunisten, das heisst, sie mordeten ja für eine «gute» Sache …

Ich selber war damals im Auftrag des Lateinamerika-Komitees Zürich quasi als Vertrauensarzt bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung durch Herrn Professor Dirnhofer, welcher damals noch in Basel dozierte, anwesend. Jürg Weis stammte aus Basel.

Peter Flubacher, Basel

Totalitäre Technologie

«Wichtig zu wissen: Ab ins Museum!», WOZ Nr. 12/2019

Ruedi Widmer schreibt, niemand habe 1996 den beschriebenen psychischen Klimawandel durch das Internet und die sogenannten sozialen Medien so vorausgesehen. Das muss ich korrigieren. Es gab schon damals – und bereits viele Jahre früher – tatsächlich Menschen, denen diese Auswirkungen ziemlich klar waren; unter andern auch mir … Und dass ich bis heute nicht den Mut hatte oder habe, den Computer aus dem Fenster zu werfen oder, wie der Autor vorschlägt, ins Museum zu bringen, werde ich mir vermutlich nie verzeihen – auch wenn ich den Gebrauch auf das sogenannt Notwendige beschränke.

Der Verzicht auf dieses Medium bedeutet ja hier – und bald in der ganzen Welt – irgendwie auch den Ausstieg aus der Gesellschaft; was eigentlich Beweis genug für die Unmenschlichkeit dieser asozialen und totalitären Technologie ist. Den Enthusiasmus, mit dem sich damals auch durchaus kritische Junge und Linke auf dieses Medium gestürzt und damit zu dieser rasanten Entwicklung beigetragen haben, verstehe ich noch heute nicht.

Ueli Bär, Küsnacht