Biomilch: Zu wenig Biofutter – ein Skandal?

Nr. 15 –

Die Meldung schaffte es letzte Woche sogar auf die Bildschirme des «Nau»-Newsportals in Bahn und Bus: Einige BiomilchproduzentInnen haben die Fütterung ihrer Kühe diesen Winter mit konventionellem Heu ergänzt. Nach den Biorichtlinien ist das mit einer Ausnahmebewilligung möglich. Knapp 800 Höfe haben eine solche bekommen. Denn der letzte Sommer war so trocken, dass das Gras in vielen Regionen der Schweiz monatelang nicht mehr wuchs.

Biomilch, die gar nicht (ganz) bio ist: ein Skandal? Nein, vernünftig. Zum einen wäre es logistisch gar nicht möglich, einem Produkt für einige Wochen das Label abzuerkennen. Und schon gar nicht sinnvoll ist es, gesunde Milchkühe wegen kurzfristigen Futtermangels frühzeitig zu schlachten: Kühe stossen zwar das klimaschädliche Methan aus, aber je länger eine Milchkuh lebt, desto besser ist die Bilanz pro Liter Milch. Eine «Ersatzkuh» muss erst aufgezogen werden und produziert noch keine Milch, aber bereits Methan.

Leben nicht ohnehin zu viele Nutztiere in der Schweiz? Doch. Aber wenn es ums Reduzieren geht, wäre es verkehrt, ausgerechnet bei den Biomilchkühen anzufangen, die vor allem Gras fressen. Schweine, Hühner und konventionelle Hochleistungskühe sollten weniger werden: Sie alle sind in hohem Mass von importiertem Kraftfutter abhängig, das in anderen Ländern Umweltschäden verursacht und die menschliche Ernährung direkt konkurrenziert. Auch Greenpeace fordert in seiner neuen Landwirtschaftsstrategie: «Wir halten nach wie vor Kühe im Berggebiet und in den Alpen, aber nur wenige im Mittelland und viel weniger Schweine und Hühner.»

Klimaprognosen sagen für die Schweiz trockenere Sommer voraus. Es könnte also bald wieder Probleme mit dem Graswachstum geben. Gleichzeitig werden die Winter nasser. Da liegt eins nahe: In Zukunft müssen wir einen Teil des Winterregens für den Sommer speichern. Die Diskussion darüber, wie das geschehen soll, wird ohnehin nötig werden: auch für Ackerbau, Industrie und Haushalte.