SVP-Kündigungsinitiative: Mit angezogener Handbremse

Nr. 38 –

Man mochte es der SVP fast ein wenig gönnen, dass im Parlament diese Woche mit der Personenfreizügigkeit wieder einmal eines ihrer Lieblingsthemen traktandiert war. Seit Monaten wird im Land über die zentralen Themen der Zeit debattiert – Lohnschutz, Gleichstellung, Klima –, während die Mannen der SVP danebenstehen und die Welt nicht mehr verstehen.

Doch in der Debatte über ihre Kündigungsinitiative redete selbst die SVP mit angezogener Handbremse. Die Initiative wurde der Partei ja auch aus der radikalen Auns-Ecke aufgedrängt: Die Schweiz müsste die Personenfreizügigkeit mit der EU neu verhandeln; und falls diese dazu nicht bereit ist (was sie ohnehin nicht ist), müsste sie das Abkommen kündigen. Damit verfielen auch die anderen Verträge aus dem ersten bilateralen EU-Verhandlungspaket.

Für die Geldpartei, die Millionen aus der Wirtschaft erhält und im Parlament wie keine andere die Interessen der Grosskonzerne verteidigt, wäre eine Annahme fatal. Bei ihrer Wirtschaftsklientel macht sich die SVP kurz vor den Wahlen wenig Freunde.

Diese Klientel ist auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen – entsprechend wollte die 2014 angenommene SVP-Einwanderungsinitiative auch keinen kompletten Bruch mit der EU. Der SVP ging es mit dem Thema erstens immer vor allem darum, WählerInnen zu mobilisieren. Zweitens will sie die Arbeitsmigration ohne den sozialen Schutz, den die Personenfreizügigkeit garantiert. Ohne Familiennachzug etwa – so wie einst, als die Kinder der Saisonniers ohne Eltern aufwachsen mussten. Und, drittens, auch ohne flankierende Massnahmen, die sie seit jeher bekämpft.

Statt über Zuwanderung streitet die Schweiz seit der Debatte um das EU-Rahmenabkommen jedoch endlich wieder über Lohnschutz – die Grundvoraussetzung, damit die Freizügigkeit mehrheitsfähig bleibt. Und statt wie einst der SVP hinterherzurennen, scheint auch der Bundesrat mit seiner Idee einer Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose endlich wieder auf soziale Absicherung zu setzen.