Neues aus der Wissenschaft: Was nachhaltig so alles bedeuten kann

Nr. 39 –

Tragen Sie einen Fitnesstracker? Laut Wikipedia tut dies in Deutschland bereits jedeR Dritte über vierzehn Jahren. Eine aktuelle Marktforschungsstudie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) konnte aber bloss elf Prozent aktive NutzerInnen eruieren. Weit schlimmer noch (der BVDW ist die Interessenvertretung von Unternehmen, die auf digitale Technologien setzen): Über drei Viertel aller Deutschen haben offenbar kein Interesse, je einen Fitnesstracker zu benutzen. Das ärgert nicht nur die Trackerwirtschaft – das ärgert offenbar auch die Wissenschaft. Besonders ein Team deutscher HochschulpsychologInnen, das nicht verstehen kann, weshalb etwas, was hilft, die «eigene sportliche Leistung zu kontrollieren, zur Bewegung zu motivieren und Erfolge mit anderen Menschen zu teilen» von jeder dritten Person, die es ausprobiert, «schon nach kurzer Zeit wieder zur Seite» gelegt wird.

Warum bloss dieser «Nutzungsverzicht»? Die Frage lässt es erahnen: Um die tatsächlichen Gründe geht es in der ausgefeilten Onlineumfrage unter 159 ehemaligen Fitnesstrackertragenden nur vordergründig. Dass jedeR Vierte den Schutz der eigenen Privatsphäre als Grund nannte – eine Marginalie. Aber dieser «Motivationsverlust»! Dagegen muss doch ein Kraut gewachsen sein, schliesslich geben über siebzig Prozent auf konkrete Nachfrage hin an, sie könnten sich vorstellen, das Gerät künftig wieder zu nutzen. Sorgen machen den PsychologInnen deshalb «Barrieren, die die Ausschöpfung des vollen Potenzials erschweren» – des Trackerpotenzials, versteht sich.

Sie rücken also den Fokus darauf, wie intensiv die Befragten ihren Fitnesstracker früher nutzten: Praktisch alle erfassten sämtliche Alltagsaktivitäten damit, über drei Viertel trugen ihn täglich, mehr als die Hälfte sogar praktisch rund um die Uhr. Reichlich Potenzial also für eine «nachhaltige» Nutzung, versichern die PsychologInnen in der Pressemitteilung der TU Chemnitz. Und bieten auch gleich Hand für Lösungen: «Wir schlagen vor, dass das Tracker-Feedback bedeutsam gestaltet sein sollte.» Will heissen: Nicht bloss Zahlen vermelden, sondern «welche positive Auswirkungen» ein Fitnesstracker «auf das körperliche und psychische Wohlbefinden» hat.

Das freut die Trackerindustrie, und die Trackingindustrie dahinter grad mit – auch wenn beide weiterhin vor allem an «blossen Zahlen» respektive Daten interessiert sind.

Die StudienautorInnen vermelden übrigens «keine Interessenkonflikte», wurden also weder von Apple oder Samsung noch vom Bundesamt für Verfassungsschutz gesponsert.