Kost und Logis: Mein Präsident? Nein, danke!

Nr. 42 –

Ruth Wysseier über einen Bauernsohn bei den ganz Grossen

Das Gute an der Schweiz, vergleicht man sie etwa mit Russland oder Simbabwe, ist, dass ihr Präsident ein Ablaufdatum hat: Nach zwölf Monaten ist Schluss, Stabübergabe, der oder die Nächste aus dem Bundesratsgremium darf ran. Das Schlimme an der Schweiz ist, dass unser politisches System nicht gerade wählerisch ist, wen es in dieses Amt spült.

Nun wurde ich, wurden wir alle in den letzten zehn Monaten von einem aus Hinwil im Zürcher Oberland repräsentiert, der hierzulande Rassismus und Rechtspopulismus zur Blüte gebracht hat. Einer, der während seiner zwölf Jahre als SVP-Parteipräsident die nationalkonservative «Zürcher Linie» von Christoph Blocher mitentwickelt und die widerlichen Plakatsujets von Messerstechern, kriminellen Asylbewerbern, Läusen und schwarzen Schafen verantwortet hatte.

Immerhin, einige ParlamentarierInnen nahmen das dem Bauernsohn Maurer Ulrich mit der steilen Karriere doch übel, weshalb er 2009 nur mit dem knappestmöglichen Resultat gegen den Thurgauer Hansjörg Walter in den Bundesrat gewählt wurde. Seither scheint er salonfähiger geworden zu sein, sagt nicht mehr extra «Neger», nur damit die Kameras auf ihn gerichtet bleiben. Auch die lausige Performance von Major Maurer als Verteidigungsminister ist Geschichte.

Als Finanzminister mache er eine gute Figur, heisst es im Bundeshaus. Mit 201 von 210 gültigen Stimmen – darunter viele grüne und sozialdemokratische – wurde er letzten Dezember zum Bundespräsidenten gewählt. Noch zehn Wochen dauert sein Präsidialjahr. Während Maurer zur EU auf Distanz ging, eilte er Ende April nach Beijing und unterzeichnete mit Staatschef Xi Jinping eine Absichtserklärung, dass sich die Schweiz am umstrittenen Grossprojekt einer neuer Seidenstrasse beteiligen werde. Im Mai zitierte ihn Donald Trump ins Weisse Haus. Die beiden plauderten über ein Handelsabkommen und die guten Dienste der Schweiz.

Ach ja, und im Januar war Maurer am Wef in Davos, wo er den saudischen Finanzminister traf. Danach erklärte er laut NZZ: «Wir haben den Fall Khashoggi, der die Welt beschäftigt, schon lange abgehandelt. Wir haben vereinbart, dass wir den Finanzdialog weiterführen und die Beziehungen wieder normalisieren.» Für diese Aussagen wurde Maurer heftig kritisiert. Wie konnte die Schweiz mit Saudi-Arabien so rasch wieder herumturteln? Mit diesem Regime, das – alles wies schon damals darauf hin – den regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi letzten Herbst im saudischen Konsulat in Istanbul ermorden liess? Und deshalb international geächtet wurde? Maurer beklagte, er sei mit seiner Aussage zum Fall Khashoggi missverstanden worden, es handle sich um eine «bösartige Kampagne der Medien».

Auch wenn er nur ein Präsident auf Abruf ist: Dass unser Bundespräsident JournalistInnen nicht leiden kann, verbindet ihn mit den mächtigsten Führern der Welt.

Ruth Wysseier ist Winzerin am Bielersee.