Korruption: Der Rohstofffluch sitzt in der Schweiz

Nr. 43 –

Fast neunzig Millionen Franken Schadenersatz und vier Millionen Franken Busse: Zur Zahlung dieser riesigen Summe wurde Gunvor letzte Woche von der Bundesanwaltschaft verurteilt. Die Ölfirma mit Hauptsitz in Genf habe «infolge schwerer Mängel in der internen Organisation» von 2008 bis 2011 in der Republik Kongo und in Côte d’Ivoire «die Bestechung von Amtsträgern» zugelassen, so die Pressemitteilung.

Die Ermittlungen dauerten fast acht Jahre und drehten sich letztlich um die Frage, inwiefern Gunvor – einer der zehn umsatzstärksten Rohstoffhändler in der Schweiz – für die Praktiken seiner Unterhändler verantwortlich gemacht werden kann. Die NGO Public Eye hat den Fall eng begleitet und anhand eigener Recherchen die korrupten Methoden aufgezeigt, mit denen sich Gunvors Mittelsmänner in kongolesische Regierungskreise eingekauft und der Firma lukrativen Zugang zum Rohölgeschäft verschafft hatten: als eine Art Finanzinstitut, als Vermittlerin sowie als Ölhandelsfirma. Allein 2011 soll Gunvor demnach über achtzig Millionen Franken an der Republik Kongo verdient haben.

Das Korruptionsrisiko scheine dabei «als Bestandteil der Geschäftstätigkeit akzeptiert worden zu sein», liess nun auch die Bundesanwaltschaft verlauten. Der Fall zeige, dass «die Top-Manager von Rohstoffhändlern weiterhin unantastbar» blieben, kritisiert Public Eye.

Die Geschichte ist ein Paradebeispiel für den «Rohstofffluch» vieler afrikanischer Länder: In der Republik Kongo verwaltet die Familie von Präsident Denis Sassou-Nguesso seit Jahrzehnten den Ölreichtum des Landes und parkiert ihn auf komplizierten Wegen auf dem halben Planeten – um damit das Klientelwesen und die Repression zu finanzieren, die für den eigenen Machterhalt nötig sind. Ohne findige Mithilfe der Ölfirmen wäre das kaum möglich. Das wegweisende Urteil trifft Gunvor gemäss Stellungnahme allerdings nicht empfindlich: Man habe bereits Rückstellungen für diesen Fall getätigt. Fast hundert Millionen Franken Strafzahlung? Kein Problem bei einem Umsatz von über 85 Milliarden im letzten Jahr.