LeserInnenbriefe

Nr. 47 –

Willkür

«Fluchthilfe: Mazzone blitzt ab», WOZ Nr. 46/2019

Im kurzen Artikel zur Fluchthilfe wird das Verfahren gegen Anni Lanz erwähnt. Wäre es da vielleicht möglich gewesen, die sogenannte Urteilsbegründung beim Prozess am 21. August vor dem Obergericht in Sion zu erwähnen? Für mich war das über vierzigminütige (!) Plädoyer des Einzelrichters nach der Urteilsverkündung keine Urteilsbegründung, sondern eine überlange Predigt mit dem Versuch, sich für seine Positionierung innerhalb des vom Gesetz gegebenen grossen Ermessensspielraums und insofern für die von ihm gewählte Willkür zu rechtfertigen. Aber «Rechtsstaatlichkeit» sollte Willkür doch gerade verhindern oder zumindest sehr einschränken!

Dietrich Vandré, Zürich

Ein Herz für Opfer

«‹Fall Carlos›: ‹Die Medien werden faktisch zur Partei›», WOZ Nr. 46/2019

Auf die Frage, was Urs Germann an der Verwahrung kritisiere, sagt er, dass diese mehr dem Interesse der Gesellschaft diene als jenem der Täter. Germann versteht das Sicherheitsbedürfnis der Menschen nicht. Es ist nach den physiologischen Bedürfnissen das zweitwichtigste Bedürfnis. Ich stütze das Urteil des Gerichts. Was Germann völlig ausser Acht lässt, sind die Opfer. Mein Herz schlägt für sie. Für ehemalige und zukünftige. Und wenn ich mich zwischen dem Leiden der Täter (auch für diese habe ich Verständnis) und dem der Opfer entscheiden muss (die Urteilsfindung ist sicher nicht einfach), entscheide ich mich klar für die Opfer. Ihr Leiden, das körperliche und das psychische, soll um jeden Preis verhindert werden. Germann sollte sich mehr mit ihnen beschäftigen.

Ruedi Bickel, via E-Mail

Menschenrechte

«Freihandel mit Brasilien: Im Land der leeren Blicke», WOZ Nr. 46/2019

Gut, dass Nora Strassmann und Olivier Vogelsang in der WOZ das Thema der Menschenrechtssituation der Indigenen in Brasilien aufgreifen. Wir müssen diesen Verletzungen nicht tatenlos zusehen, wenn Rohstoffakteure die nachhaltige Entwicklung der Menschenrechte missachten. Bei Annahme der Konzernverantwortungsinitiative bekommen Schweizer Firmen, die sich mit Bergbauunternehmen wie beispielsweise Vale Brasil einlassen, Schwierigkeiten. Engagieren wir uns für diese Initiative!

Martin A. Liechti, Maur

Handfester Skandal

«In eigener Sache: Wef verweigert WOZ den Zutritt», WOZ Nr. 46/2019

Ich finde es einen handfesten Skandal, dass das Wef die WOZ nicht zum Wef-Treffen 2020 zulassen will. Ich würde es begrüssen, wenn sich die WOZ rechtlich an allen möglichen Angriffspunkten wehren würde, wenn die Wef-Organisation nicht selber auf ihren Entscheid zurückkommt. Das Wef in Davos ist, wenn man die Sicherheitskosten mit einrechnet, ein mehrheitlich staatlich finanzierter Anlass. Man darf somit vom Veranstalter auch die Anwendung des Gleichbehandlungsansatzes verlangen. Andernfalls sind meines Erachtens die Subventionen zu verweigern oder zu kürzen. Angriffspunkte wären die staatlichen Stellen, welche die Staatsbeiträge an das Wef verwalten, sowie – das Wef ist eine Stiftung – die betreffende Stiftungsaufsicht.

Daniel Kettiger, Thun

Grundsätzlich schon richtig, die Ansicht. Aber – Hand aufs Herz – haben «die Weltkonzerne» ein «bedenkliches Demokratieverständnis»? Nein. Sie haben gar keins. Das ist bei denen ein reiner Werbetrick. Was ja nach deren Weltverständnis sicher nicht verwunderlich ist. Nur: Warum wundern wir Menschen mit einem emanzipatorischen Selbstverständnis uns eigentlich immer wieder darüber?

Bernd Mensing, per E-Mail