Neues aus der Wissenschaft: Ist das Callcenter am Apparat …

Nr. 47 –

Über die Digitalisierung als Jobvernichtungsmaschine wird vielerorts orakelt – ebenso über neue Berufe, die aus diesem Umbruch hervorgehen. Zum Beispiel, wie Ende Oktober in «20 Minuten» nachzulesen: der «Fachmann Kundendialog», der aus dem Callcenter anruft. Bevor Sie jetzt ob der Aussicht auf quasi professionalisierte Belästigung in die Tischkante beissen: Der Fachmann Kundendialog dürfte sich als extrem kurzlebig erweisen. Dies legt zumindest eine neue Studie nahe.

Wobei das internationale Forschungsteam etwas ganz anderes untersuchte: die Kooperationsbereitschaft von Menschen gegenüber Bots. Rund 700 Personen beteiligten sich an einem Onlinespiel, in dem ihr Spielpartner sowohl ein Mensch als auch ein Bot sein konnte. Beim Spielen standen sie vor der Wahl, den Partner zwecks eigener Gewinnmaximierung auszunutzen oder zu beiderseitigem Vorteil zusammenzuarbeiten. Bloss wurde ein Teil von ihnen dabei vom Forschungsteam über die wahre Identität des Spielpartners belogen. Und siehe da: Wer quasi ahnungslos mit einem Bot als Partner interagierte, verhielt sich viel kooperativer als der, der wusste, dass er mit einem Bot unterwegs war.

Und die Moral von der Geschicht? «Neueste technologische Durchbrüche, die künstliche Intelligenz mit täuschend echten Menschenstimmen kombinieren, machen es möglich, dass Bots am Telefon als Menschen durchgehen», behauptet das an der Studie beteiligte Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Um sogleich die Frage hinterherzuschicken, ob dies denn zwingend eine Pflicht zur Transparenz mit sich bringe. Immerhin bedeute das Resultat doch etwa, «dass Helpdesks, die von Bots betrieben werden, eigentlich schneller und effizienter weiterhelfen könnten, wenn sie sich als Menschen ausgeben dürften».

Wir schliessen daraus: Ist das Callcenter am Apparat, hast du besser den Turing-Test parat.

Und auch die Tischkante wohl stärker noch lockt, wenn Bot statt Mensch im Callcenter hockt.