100 Wörter: In subalterner Funktion
Die Wiederaufnahme wenig anforderungsreicher Büroarbeit nahm Holtenbrackenried mehr mit, als er gedacht hätte. Es waren weniger die langen Stunden vor dem Bildschirm oder die eintönigen Aufgaben, die ihn ermüdeten, sondern die blosse Anwesenheit in einem Bürogebäude, das schon von aussen abweisend unauffällig wirkte und innen gänzlich funktional und hässlich war. In seiner subalternen Funktion musste er das Büro mit seinen Kolleginnen und Kollegen teilen, die gewiss auch lieber woanders ihre Zeit verbracht hätten, aber umso eifriger wirkten, desto weniger sie tatsächlich arbeiteten. So hing die mit Leuchtmitteln versetzte Plattendecke mitunter gar schwer über seinem Kopf und drückte nachhaltig aufs Gemüt.
Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb, schöner Engel», «Mordgarten») und lebt in Zürich. Im September ist sein neuer Köbi-Krimi, «Pöschwies», im Bilgerverlag erschienen. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen. Eine Auswahl unter dem Titel «100 Mal 100 Wörter» sowie «Mordgarten» und «Pöschwies» sind im WOZ-Shop www.woz.ch/shop als Buch erhältlich.