Kino-Film «Camille»: Idealistin auf der Suche

Nr. 9 –

Was kann Fotografie? Das ist die Frage, die Camille Lepage (Nina Meurisse) umtreibt, als sie als Freelance-Fotojournalistin über den Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) berichtet. Sie ist ohne Auftrag hergekommen, auf der Suche nach Menschlichkeit im Land am Rand des Bürgerkriegs – und nach der eigenen Bildsprache. «Was interessiert Sie wirklich?», war sie von einem Zeitungsredaktor zuvor gefragt worden. «Ist es der Krieg, die Menschen, die Kultur?» Man könne nicht rumgehen und alles fotografieren, was vor die Linse kommt. «Das ist es nicht, was es bedeutet, Fotograf zu sein.»

«Camille» ist Boris Lojkines Verfilmung der letzten Monate im Leben der französischen Journalistin Camille Lepage, die im Mai 2014 im umkämpften Westen der ZAR bei einem Gefecht zwischen Séléka- und Anti-Balaka-Milizen getötet wurde. Ihre Geschichte ist angereichert mit fiktiven Elementen, viele turbulente Szenen aber sind mit realen Fotos der tatsächlichen Camille Lepage gegengeschnitten, in deren Bildformat auch der ganze Film gedreht ist. Das überzeugt auch im Zusammenspiel mit der dokumentarisch anmutenden Kameraarbeit.

Nicht überall ist «Camille» so ambitioniert wie in der Bildsprache. Es liegt zwar in der Natur der Sache, dass sich der Film hauptsächlich mit seiner Protagonistin auseinandersetzt, und von einer stereotypen weissen Heldin ist Camille, die sehenden Auges so naiv wie idealistisch bleibt, meilenweit entfernt.

Dennoch haftet dem Film der Makel an, dass seine Nebenfiguren – vor allem Cyril (Fiacre Bindala), ein Freund Camilles, der innerhalb einer Miliz aufsteigt – relativ schemenhaft bleiben. Und auch der Konflikt innerhalb der ZAR wird über weite Strecken in Bildern und Stimmungen präsentiert, wie man sie vom Genre des Bürgerkriegsfilms bereits bestens kennt. Die Gewalt, der Krieg, die Entmenschlichung: Letztlich suggeriert «Camille», dass als Erklärung für das Unerklärliche die Tatsache ausreichen muss, dass es sich irgendwo in Afrika abspielt.

Camille. Regie: Boris Lojkine. Frankreich 2019