Landwirtschaft: Junge auf die Felder!
Der Frühlingssalat spriesst, bald beginnt die Spargelsaison, dann reifen schon die ersten Hors-sol-Erdbeeren. Ohne die 30 000 bis 35 000 ausländischen Angestellten in der Schweizer Landwirtschaft wären viele Regale leer. Besonders im Gemüse-, Obst- und Weinbau ist nach wie vor viel Handarbeit nötig. Normalerweise genügt für die vor allem aus Osteuropa stammenden ErntehelferInnen ein Arbeitsvertrag für die Einreise. In Coronazeiten ist das Prozedere komplizierter, und viele wollen gar nicht kommen – aus Angst, krank zu werden oder ohne Angehörige irgendwo festzustecken.
Wer soll die Arbeit auf dem Feld übernehmen? Die junge Bewegung Landwirtschaft mit Zukunft, die im Februar in Bern für eine ökologische und soziale Agrarpolitik demonstriert hat, sieht eine Lösung: «Schweizer*innen auf die Felder!» Sie möchte Interessierte an Betriebe vermitteln: «Viele junge Menschen, die nun zwangsläufig viel Zeit haben, würden gerne mit anpacken.» Doch bei aller Sympathie für die solidarische Geste: Klappen wird das nur als Freiwilligenarbeit in alternativen Projekten, etwa in der solidarischen Landwirtschaft. Die ErntehelferInnen wird es nicht ersetzen. Die Hilfsarbeit in der Landwirtschaft ist eine Insel in der Schweizer Arbeitswelt, die nur noch deshalb existiert, weil sich der Boden nicht auslagern lässt. Wochenarbeitszeiten von 55 bis 65 Stunden sind normal – zu einem Bruttolohn von 3200 bis 3300 Franken. Die körperliche Belastung, die monotonen Tätigkeiten und die oft ungenügenden Ruhezeiten sind auch für erfahrene, durchtrainierte ErntehelferInnen eine Zumutung.
Der Personalengpass, der sich abzeichnet, könnte eine Chance sein für eine grosse Diskussion über den Wert des Essens und der Arbeit, die dahintersteckt. Es braucht höhere Löhne und tiefere Arbeitszeiten in dieser Branche. Das geht aber nur, wenn Lebensmittel mehr kosten dürfen und die Margen der Grossverteiler schrumpfen. Jetzt, da viele merken, wie fragil die globalisierte Wirtschaft ist, bekommt das Essen vielleicht endlich die richtige Wertschätzung.
Ja, SchweizerInnen sollen unbedingt mehr auf die Felder. Alle sollen mehr auf die Felder. Aber zu zumutbaren Bedingungen.