#digi: Knackpunkt Quarantäne
Die viel diskutierte Contact-Tracing-App nimmt weitere Hürden. Nachdem National- und Ständerat vom Bundesrat eine gesetzliche Grundlage gefordert hatten, legte dieser einen Entwurf zur Änderung des Epidemiengesetzes vor. Ab Mitte Juni soll der Einsatz der offiziellen App zur digitalen Kontaktverfolgung geregelt sein. Die Gesetzesänderung wird aktuell im Parlament beraten.
Neben dem Datenschutz und der Wahrung der Privatsphäre steht dabei vor allem das Thema Freiwilligkeit im Zentrum (siehe WOZ Nr. 18/2020 ). Diese soll nun gesetzlich festgehalten werden. Sowohl Nachteile bei einer Nichtverwendung als auch Vorteile durchs Mitmachen will der Bundesrat verbieten. Wer eine «angebotene Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt ist», einer Person aufgrund ihrer Nichtteilnahme verweigert, soll gar gebüsst werden. Damit dürfte es keine der befürchteten Smartphonekontrollen beim Einkauf oder in der Badi geben – und auch am Arbeitsplatz könnten wir freiwillig entscheiden, ob wir mitmachen oder nicht.
Ein erfreulicher Entwurf, doch er enthält weiterhin problematische Lücken. Denn der Bundesrat will, dass sich Menschen, die via App über den Kontakt mit einer infizierten Person benachrichtigt werden, freiwillig für zehn Tage in Quarantäne begeben – nachdem sie sich von einer vom BAG betriebenen Hotline haben beraten lassen. Solange diese Selbstisolation nicht behördlich oder ärztlich zum Beispiel aufgrund eines positiven Tests verordnet wurde, besteht jedoch kein Anrecht auf Lohnfortzahlung.
Das dürfte die Nützlichkeit der App stark einschränken. Denn wie viele Leute werden sich wohl aufgrund einer vagen App-Empfehlung ohne finanzielle und arbeitsrechtliche Sicherheit freiwillig in Quarantäne begeben? Schlimmer wird es, wenn die App nach einem erneuten Kontakt wieder Alarm schlägt und nochmals eine Selbstisolation empfiehlt. So dürfte die notwendige Bereitschaft zum solidarischen Mitmachen schnell erodieren.
Ähnlich sehen das die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des National- und des Ständerats. Sie fordern kostenlose Tests, um die Zeit der Selbstisolation möglichst kurz zu halten. Und vor allem solle der Bundesrat für den Erwerbsausfall unbedingt eine Lösung finden.