Bundesamt für Gesundheit: Rassistischer Shitstorm
Eine junge Frau, die auf Tamilisch über Corona informiert: Eigentlich war es ein harmloses Video, das das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am 30. Mai ins Netz stellte. Das BAG wollte Menschen in verschiedenen Sprachen über Corona aufklären, das tamilische Video mit der BAG-Mitarbeiterin aus der Kommunikationsabteilung diente als entsprechendes Pilotprojekt. Damit sollten auch Menschen erreicht werden, die keine der Landessprachen ausreichend verstehen.
Doch der Rassismus und Sexismus, den die Mitarbeiterin des BAG auf Facebook und Instagram über sich ergehen lassen musste, war derart massiv, dass die Behörden das Video nur wenige Stunden nach Veröffentlichung löschten. «Wir wollten die Mitarbeiterin schützen, wir haben ihr gegenüber eine Fürsorgepflicht», begründet Gregor Lüthy, Leiter der BAG-Kommunikationsabteilung, die Löschung.
Die Behörde will den Film auch deswegen der WOZ nicht mehr zur Sichtung bereitstellen – im Netz ist er nicht mehr auffindbar. «Wir können und wollen es nicht verantworten, dass eine Mitarbeiterin des BAG öffentlich in den Social Media beschimpft wird», begründet Lüthy weiter. «Auch wollen wir auf unseren Plattformen offen fremdenfeindlichen Inhalten keine Bühne geben.»
Anfangs habe man noch auf die Posts reagiert. Doch man habe schnell gesehen, dass es den Personen, die diese Kommentare schrieben, nicht um Dialog gehe. Da sich die Kommentarfunktionen auf den Kanälen nicht ausschalten liessen und das BAG mit dem Löschen der Inhalte nicht mehr nachgekommen sei, habe man sich zu diesem radikalen Schritt entschieden.
Die Menschen, die ihren Hass in Worte fassten, störten sich vor allem an der Hautfarbe der Mitarbeiterin, deren Eltern aus Sri Lanka kommen. «Sie regten sich zum Beispiel auch darüber auf, dass jemand, der Tamil spricht, einen Job in der Bundesverwaltung erhält», sagt Lüthy. Einen solchen Shitstorm habe das BAG nie zuvor erlebt, man habe mit so etwas auch nicht gerechnet. Auch habe das Bundesamt noch nie Inhalte von seinen Kanälen wegen Diskriminierung entfernen müssen.
Marianne Helfer, stellvertretende Leiterin der Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Bundes, findet den Entscheid, das Video zu löschen, richtig – auch wenn damit dem rassistischen Druck nachgegeben wurde. «An erster Stelle musste das BAG seine Mitarbeiterin schützen», so Helfer. «Eine konstruktive Diskussion im Netz zu führen und auf negative Kommentare zu reagieren, ist nicht immer sinnvoll.» Der Vorfall zeige, dass Onlinekampagnen auf solche Reaktionen vorbereitet sein müssten. Helfer beobachtet eine Zunahme von Hate Speech im Netz. Die betroffene Frau arbeitet mittlerweile nicht mehr beim BAG, doch das habe nichts mit dem Shitstorm zu tun.