Asylpolitik: Evakuieren jetzt!
Als das asylpolitische Bündnis #EvakuierenJetzt seinen «Osterappell zur Evakuierung griechischer Camps» lancierte, war die Unterstützung gross und namhaft: In kurzer Zeit sammelte es über 50 000 Unterschriften für eine Petition an den Bundesrat. Hinzu kamen 130 nichtstaatliche Organisationen und Dutzende bekannte Persönlichkeiten wie Schriftstellerin Sibylle Berg oder Theaterregisseur Milo Rau, die sich für das Anliegen einsetzten, möglichst viele der über 30 000 Geflüchteten (darunter über 1000 unbegleitete Minderjährige), die in menschenunwürdigen Camps auf den griechischen Inseln leben, in die Schweiz zu holen.
Der Bundesrat zeigt sich offensichtlich unbeeindruckt von der grossen Unterstützung, die das Anliegen geniesst. Das Bündnis #EvakuierenJetzt publizierte diese Woche das «gleichgültige» Antwortschreiben von Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP). Die Bundesrätin rühmt darin die Schweiz für ihre finanzielle Unterstützung von Projekten zur Verbesserung der Aufnahme- und Unterbringungsstrukturen in Griechenland. Und verweist auf die «52 Kinder und Jugendlichen mit familiärem Bezug, die seit Mitte Mai in die Schweiz einreisen konnten». Zum Vergleich: Portugal hat sich bereit erklärt, 500 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen.
Dass #EvakuierenJetzt den im Juli verfassten Brief von Keller-Sutter gerade jetzt veröffentlicht, ist kein Zufall: Eine aufsehenerregende aktuelle Recherche der «New York Times» konnte nachweisen, dass die konservative griechische Regierung in den letzten Monaten illegalerweise und menschenrechtswidrig 1072 Geflüchtete in Booten im Meer ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen hatte. Der kanadische Migrationsrechtsprofessor und ehemalige Uno-Sonderberichterstatter François Crépeau spricht angesichts der Recherche von einem «humanitären Desaster».