Medienförderung: Neustart nötig
Die Förderung des Journalismus in der Schweiz hat zwei Hauptfeinde: Pietro Supino und Artikel 93 der Bundesverfassung. Am Dienstag hatten beide wieder einmal ihren Auftritt. Supino, Verwaltungsratspräsident der TX Group, wie seine Holding derzeit heisst, kündigte am Morgen die Einsparung von siebzig Millionen Franken über drei Jahre an, Dutzende, wenn nicht Hunderte journalistische Stellen drohen wegzufallen. Der Journalismus, flötete Supino, bleibe ihm aber natürlich eine Herzensangelegenheit.
Am Nachmittag dann entfaltete Artikel 93 seine Wirkung. Die zuständige Verkehrskommission entschied, das Medienförderungspaket von Bundesrätin Simonetta Sommaruga aufzuschnüren. Die Posttaxen und die Frühzustellung für die Printzeitungen werden für alle verbilligt, die Subventionierung von Onlineinhalten wird aufgeschoben.
Als Grund nannten die KritikerInnen unter anderem, dass eine Verfassungsgrundlage fehle. Artikel 93 sieht lediglich vor, dass elektronische Medien gefördert werden, worunter historisch Radio und Fernsehen verstanden werden: Ob Onlineinhalte dazugehören, ist umstritten. Der Entscheid der Kommission fiel knapp mit nur einer Stimme Unterschied aus. Irritierend war im Vorfeld das Verhalten des Verlegerverbands VSM, der von Pietro Supino präsidiert wird: Offiziell unterstützte der Verband die Vorlage, inoffiziell hintertrieben die mächtigen Verleger sie. Unter anderem, weil kleine Portale überproportional profitieren könnten. Peter Wanner, Verleger und Verwaltungsratspräsident von CH Media, sprach sich in einem Beitrag in seinen Medien gegen die geplante Onlineförderung aus, Supino meldete auf Nachfrage der «Republik» an der Halbjahreskonferenz ebenfalls Zweifel an.
Ist die Aufteilung der Vorlage schlimm? Ehrlich gesagt überhaupt nicht. Auch wenn es den Verlegern bei ihrem Ränkespiel bloss um die eigenen Profite ginge: Die vorgesehene Digitalförderung wäre auch für regionale Portale ein bürokratischer Murks gewesen. Stattdessen bietet sich nun die Gelegenheit, endlich den Journalismus zu fördern statt die Vertriebskanäle, mit einem Verfassungsartikel, der genau dies ermöglicht.
Um Druck auf Supino und Co. zu machen, lehnen SP, Grüne und GLP dafür am besten die geplante Verbilligung der Posttaxen und der Frühzustellung in einer unheiligen Allianz mit der SVP ab. Dann geht es schnell, bis ein zukunftsgerichteter Verfassungsartikel steht, sehr schnell.