Seenotrettung: Falsche Richtung
Der Vorfall trägt den Namen «Oster-Rückschaffung»: Am 15. April dieses Jahres brachte das Fischerboot Dar Al Salam 1 eine Gruppe von 51 Personen aus maltesischen Gewässern in die libysche Hauptstadt Tripolis zurück. Bereits Tage zuvor hatte die NGO Alarmphone die Küstenwachen von Malta, Italien und Libyen informiert, dass sich Geflüchtete, darunter auch Frauen und Kinder, in Seenot befinden würden. Wegen der verspäteten Hilfeleistung verloren gemäss AugenzeugInnen zwölf Personen ihr Leben. Statt die Geretteten aufzunehmen, koordinierten die maltesischen Behörden ihre Rückschaffung mit dem Fischerboot nach Libyen. Dort wurden sie im Lager Trik al-Sikka inhaftiert. Weil ihnen in Libyen Folter droht, ist die Ausschaffung gemäss dem Non-Refoulement-Prinzip widerrechtlich.
Amnesty International veröffentlichte diese Woche einen Bericht, in dem die Aktion detailliert dokumentiert wird. «Der Fall veranschaulicht die Entschlossenheit der maltesischen Behörden, die Ankunft von Menschen auf der Insel zu verhindern, auch wenn sie in Lebensgefahr gebracht werden», heisst es dort.
Die Rückschaffung ist nur ein Beispiel für die starke Zunahme von Menschenrechtsverletzungen in diesem Jahr. So hielt die Regierung Maltas über mehrere Wochen 400 Geflüchtete auf Schiffen ausserhalb der eigenen Küstengewässer gefangen.
«Malta wendet immer verabscheuungswürdigere und illegalere Taktiken an, um sich seiner Verantwortung gegenüber Menschen in Not zu entziehen», meint Elisa De Pieri von Amnesty. Die Verantwortung liege allerdings nicht allein beim Inselstaat, sondern bei der Europäischen Union. Diese lagert ihre Asylpolitik immer stärker nach Libyen aus. Auch die Schweiz beteiligt sich an der Aufrüstung der dortigen Küstenwache.